Ein Kündigungsgespräch ist meistens für beide Seiten eine unangenehme Erfahrung, was zu großen Teilen an dem feindlichen Stigma einer Kündigung liegt. Da kommt vielen Arbeitgebern der sogenannte Aufhebungsvertrag gerade Recht. So kommt es derweilen häufig vor, dass Arbeitgeber in einem Gespräch mit ihrem Arbeitnehmer deutlich machen, dass sie diesen grundsätzlich entlassen könnten. Oder aber er unterzeichnet nun diesen Aufhebungsvertrag und man trennt sich „im Guten“. Im Regelfall ist ein solcher Aufhebungsvertrag für beide Seiten eine ganz angenehme Sache: Unter anderem hat so der Arbeitnehmer für zukünftige Bewerbungsgespräche nicht das lästige Stigma einer vorherigen Kündigung aufgebürdet und der Arbeitgeber kann nachts noch gut schlafen, da die Aufhebung ja quasi im beiderseitigen Einvernehmen erfolgte.
Doch es kann auch passieren, dass der Arbeitnehmer nicht so ganz zufrieden mit einem solchen Aufhebungsvertrag ist. Besonders dann nicht, wenn ihm der Arbeitgeber letztlich ja faktisch keine wirkliche Wahl lässt. Genau so ging es im Jahre 2015 auch einem Maschineneinrichter. Kommen wir zum Sachverhalt:
Der Sachverhalt
Der Kläger arbeitete als Maschineneinrichter bei der Beklagten. Der Geschäftsführer Letzterer führte 2014 ein Personalgespräch mit dem Kläger. In diesem machte er den Kläger darauf aufmerksam, dass dieser von einem befristet beschäftigten Mitarbeiter H dabei beobachtet wurde, wie er, sobald der Geschäftsführer das Unternehmen verließ, seine Arbeit pausierte und in die Umkleide mit zwei seiner Kollegen ging um sich dort zu betrinken. Dieses Verhalten soll wohl wiederholt stattgefunden haben. Nach einem dieser „Gelage“ roch der Kläger wohl auch deutlich nach Alkohol.
– LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28.01.2016, Az.: 5 SA 398/15
Im Ergebnis dieses Gesprächs unterzeichnete der Kläger einen Aufhebungsvertrag zum 30.11.2014.
Mit einem anwaltlichen Schreiben vom 19.11.2014 focht der Kläger seine Willenserklärung schließlich an. Er sei durch die Art der Gesprächsführung in eine bedrohliche Situation gebracht worden und zum Unterschreiben genötigt worden. Unter anderem durch die Androhung einer Strafanzeige und einer fristlose Kündigung.
Nach Abweisen der Anfechtung durch die Beklagte erhob der Kläger nun Klage.
Das erstinanzlich zuständige Arbeitsgericht wies die Klage ab. Unter anderem deshalb, weil der Kläger nicht genügend Beweise für seine Behauptungen aufbringen konnte. So sagte er, dass ihm verboten wurde, den Raum zu verlassen um ein Betriebsratsmitglied aufzusuchen. Auch, dass auf sein mehrfaches Verlangen kein solches kontaktiert wurde.
Für die Klausur spannender ist aber ein anderer Punkt. Der Kläger berief sich zudem darauf, dass ihm widerrechtlich mit einer fristlosen Kündigung gedroht wurde, wenn er nicht den Aufhebungsvertrag unterzeichne. Es handelt sich folglich um einen Fall, wie ich ihn eingangs beschrieb. Die Frage ist nur, ob eine wohl immer in einer solchen Situation konkludente Kündigungsdrohung auch eine widerrechtliche Drohung darstellt…
Takeaways für die Klausur
So führte das Arbeitsgericht aus, dass es dann an einer widerrechtlichen Drohung mangelt, wenn der Arbeitgeber eine Kündigung, auch ohne vorherige Abmahnung ernsthaft in Betracht ziehen dürfte.
Vor dem Berufungsgericht brachte der Kläger nun vor, dass nach seiner Überzeugung seine vermeintliche Arbeits-Abstinenz nicht nachgewiesen werden konnte. Mithin hätte ein vernünftiger Arbeitgeber eine Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung gezogen. Dennoch wurde ihm „aus dem Nichts“ mit einer Kündigung und einer Strafverfolgung gedroht.
Das Landesarbeitsgericht stützte im Ergebnis die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Es wäre – so das Berufungsgericht – selbst bei Vorliegen einer Drohung mit einer Strafanzeige und einer fristlosen Kündigung die Widerrechtlichkeit selbiger nicht zu bejahen gewesen. Denn auch hier bestätigt das Berufungsgericht die erste Instanz: So ist eine Drohung mit einer Kündigung dann nicht widerrechtlich, wenn sie ein vernünftiger Arbeitgeber in Betracht hätte ziehen dürfen. Dabei ist es nicht ausschlaggebend, ob die Kündigung bei einer späteren Kündigungsschutzklage auch Erfolg gehabt hätte. Und ein eben solcher vernünftiger Arbeitgeber hätte hier, gemäß des Landesarbeitsgerichtes, eine Kündigung in Betracht ziehen dürfen.
Abschlussbemerkungen
Obiter dictum, also als Nebenbotschaft des Urteils wurde noch klargestellt, dass in einem Anfechtungsprozess der anfechtende Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast zu tragen hat. Anders wäre dies grundsätzlich bei einem Kündigungsschutzprozess.
Zu beachten gilt hier die veränderte Position der Parteien. So ist bei einem Kündigungsschutzprozess grundsätzlich der Arbeitnehmer schutzbedürftig aufgrund der, zumindest regelmäßig, sozialen Ungleichstellung von Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Hier aber hat der Kläger bereits den Aufhebungsvertrag unterschrieben und möchte nun diese Willenserklärung anfechten. Es besteht dem Grunde nach folglich nicht mehr die erhöhte Schutzstellung des Arbeitsnehmers, weshalb ihn nun für die Punkte auf die er sich beruft, die Beweislast trifft. Dieser konnte er im Rahmen des Prozesses nicht ausreichend bzw. überzeugend genug nachkommen.