In einer ehelichen Zugewinngemeinschaft hat ein Ehegatte, im Erbfall des anderen Ehegatten, eine Wahl. Die Wahl zwischen der erbrechtlichen Lösung und der güterrechtlichen Lösung. Dieser Artikel soll dir zeigen, worin sich die beiden Ansätze unterscheiden und wann sich welcher davon für den verbleibenden Ehegatten lohnt.
Für beide gilt festzuhalten, dass der Ehegatte gegenüber Verwandten der ersten Ordnung zu ¼ und gegenüber Verwandten der zweiten Ordnung zur Hälfte des Erbe berufen ist. Das regelt § 1931 I BGB. Weiterhin verweist § 1931 III BGB aber auch auf den § 1371 BGB und genau der sorgt dafür, dass wir zwei unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten erhalten.
Die erbrechtliche Lösung
Die erbrechtliche Lösung zieht § 1371 I BGB heran. Dieser besagt, dass der verbleibende Ehegatte pauschal noch ¼ auf seinen Erbteil oben drauf bekommt. Gegenüber Verwandten der ersten Ordnung würde er demnach ½ (¼ + ¼), gegenüber Verwandten der zweiten Ordnung oder den Großeltern des Erblassers ¾ erben. Simpel.
Die güterrechtliche Lösung
Die güterrechtliche Lösung wendet hingegen § 1371 III BGB an. Hiernach würde der verbleibende Ehegatte die Erbschaft ausschlagen (§ 1942 BGB) und könnte dann einen Zugewinnausgleich gemäß § 1378 BGB und darüber hinaus grundsätzlich noch seinen Pflichtteil gemäß § 2303 II BGB fordern.
Diese Lösung kann sich unter gewissen Umständen lohnen, beispielsweise dann, wenn der verstorbene Ehegatte einen deutlich höheren Zugewinn erzielt hat, als der verbleibende Ehegatte.
Beispiel:
A und B leben in einer ehelichen Zugewinngemeinschaft. A erwirtschaftet einen Zugewinn von einer Millionen Euro, B erzielte keinen Zugewinn. Außerdem haben A und B einen gemeinsamen Sohn S. A stirbt.
Die erbrechtliche Lösung: Nach der erbrechtlichen Lösung würde B gemäß § 1931 I BGB ¼ erben. Dazu käme dann noch das Viertel des § 1371 I BGB, macht zusammen ½. B würde folglich 500.000 Euro erben.
Klingt nicht schlecht, könnte aber besser gehen.
Die güterrechtliche Lösung: Hier würde B nun die Erbschaft in Höhe von ¼ ausschlagen und stattdessen einen Zugewinnausgleich gemäß § 1378 BGB fordern. B würde demnach die Hälfte der Zugewinn-Differenz bekommen, also wieder 500.000 Euro. Hinzu kommt aber noch, dass B ja darüber hinaus den Pflichtteil gemäß § 2303 II BGB fordern kann, also die Hälfte des gesetzlichen Erbteils (⅛). In diesem Fall wären das zusammen dann 562.500 Euro.
Beachte: Bei der güterrechtlichen Lösung wird der Wert des Nachlasses erst nach dem Zugewinnausgleich berechnet. Der Nachlass beträgt im Beispiel somit nicht mehr 1 Millionen Euro, sondern nur noch 500.000 Euro!
Die güterrechtliche Lösung würde in solchen Extremfällen der Zugewinndifferenz also dafür sorgen, dass der verbleibende Ehegatte finanziell besser dastehen würde. Im Beispielsfall sogar um ganze 62.500 Euro besser.
Es gilt jedoch stets im Einzelfall zu entscheiden, welche der beiden Lösungen konkret mehr Sinn ergeben würde. Auch ist anzumerken, dass für die güterrechtliche Lösung schnelles Handeln erforderlich ist, da die Frist zum Ausschlagen der Erbschaft nur sechs Wochen beträgt (§ 1944 I BGB).
Auch ist abschließend noch im Einzelfall zu beachten, dass die Forderung des Pflichtteils, anders als eine direkte Erbschaft, „lediglich“ ein schuldrechtlicher Anspruch ist. Was das genau bedeutet erfährst du /hier/.