Ist das Jurastudium richtig für mich?

Die Zeit nach der Schule ist für dich wahrscheinlich noch gar nicht wirklich vorstellbar. Zu groß ist die Auswahl der möglichen Studiengänge und jetzt muss man sich auch noch selbst für einen Weg entscheiden. Das kann schon mal ein wenig erdrückend wirken.

Erstmal vorweg, du hast noch genug Zeit. Selbst nach dem Abi, ist es in keinster Weise ein Problem, wenn du noch ein oder sogar zwei Jahre brauchst, um dich zu entscheiden. Denn ja, wir werden mittlerweile älter als 35 und du wirst noch genug Jahre davon arbeiten.

Nach dieser frohen Kunde wollen wir und jetzt aber doch mal überlegen, ob der Studiengang Rechtswissenschaften, oder besser bekannt als “Jura”, eine gute Option für dich wäre.

Der Vorurteils-Check

„Was sind 20 Juristen auf dem Meeresgrund? Ein vielversprechender Anfang.“

Juristen sind nicht gerade beliebt in der Gesellschaft. Teils aufgrund von eigenem Verschulden, häufig aber auch wegen unbegründeten Vorurteilen. So ist auch das Jurastudium selbst geprägt von Vorurteilen. Die relevantesten davon will ich nachfolgend genauer betrachten.

Das Jurastudium besteht hauptsächlich aus Auswendiglernen

Bestimmt hat dir schon mal jemand gesagt, dass man als Jurist alle Paragraphen auswendig lernen muss. Aber so leicht, macht man uns das Studium dann auch wieder nicht.

Ich musste bislang keinen einzigen Paragraphen auswendig lernen und aufsagen. Warum auch? Stehen doch alle im Gesetzbuch.

Im Studium lernst du hauptsächlich, wo du nachschauen musst, wie du die Vorschriften richtig auslegen und anwenden kannst und wie du deine Erkenntnisse, bzw. unterschiedliche Meinungen der Rechtsprechung gut vermitteln kannst.

Oder wie Harvey Specter sagen würde: ”You don’t pay the plumber for banging on the pipes. You pay him for knowing where to bang”.

Klar kommst du um gewisse Definitionen nicht herum, die auch auswendig gelernt werden müssen und in der Klausur sitzen sollten. Aber deren Anzahl ist doch ziemlich überschaubar.

Das Jurastudium ist sehr schwer

Die Schwierigkeit eines Studiums lässt sich, meiner Meinung nach, genauso wenig generalisieren wie die eines Schulfachs. Du siehst ja auch an dir und deinen Freunden, dass euch absolut andere Fächer gut liegen. Jura ist nicht für jeden geeignet, und für diejenigen entpuppt es sich auch als unglaubliches schweres Fach. Für andere wiederum ist es höchst interessant und sie finden Spaß am analysieren und argumentieren. Pauschalisieren ist da also schwer. Dennoch kann man sagen, dass Jura sehr zeitintensiv sein kann.

Wenn man nicht bereits mit einem Verständnis für Logik, Struktur und einem Auge für Details ausgestattet ist, erweist sich der Weg es zu lernen als eher zäh, aber auch lohnend.

Jurastudenten sind arrogant und reich

Okay, zugegeben, es wurde schon der ein oder andere Audi R8 in der Reihe vor mir während der Vorlesung konfiguriert. Und nein, es gibt kaum einen, der sich nicht mit den teuersten Modelabels ausstaffiert, nur um dann in einem 600-Mann Vorlesungssaal in einem Meer von Gucci, Prada und Lacoste unterzugehen.

Das ändert sich jedoch spätestens dann, wenn die sündhaft teuren Lehrbücher gekauft werden müssen und die Repetitorien beginnen.

Denn wenn nach den ersten Semestern, Reichtum durch die Größe der Lehrbücher-Tragetasche ausgedrückt wird und die Menschen um einen herum die Markenklamotten gegen einen vernünftigen Repetitor eintauschen, stellt man schnell fest, dass das eigentlich doch alles ganz nette Leute sind.

Festhalten sollte man aber, dass das Jurastudium durchaus eine finanzielle Belastung darstellen kann, vor allem, wenn man nicht von Haus zu den Fleißigen gehört.

Lehrbücher, Gesetzestexte und Repetitorien sorgen dafür, dass sich wohl vermehrt vermögende Studenten an Jura wagen. Dennoch ist es natürlich auch möglich ein gutes Examen abzulegen, ohne vorher tausende Euro ins Studium zu stecken.

Arroganz ist hingegen kaum vorhanden. Eher im Gegenteil; Die meisten Studenten werden von der Menge und Komplexität des Fachgebiets so sehr beeindruckt, dass man hauptsächlich Bewunderung vernimmt gegenüber guten Kommilitonen und Professoren.

Hier muss man aber noch Selbstvertrauen von Arroganz abgrenzen. Ersteres wird im Studium nämlich durchaus vermittelt und auch nicht zu knapp.

Leuchtet ein, schließlich muss man nach der juristischen Ausbildung auch selbstbewusst sowie rational Meinungen vertreten und Urteile fällen.

Das waren die penetrantesten Vorurteile wenn es um das Thema Jura geht. Es ist eben letzten Endes, leider oder glücklicherweise, doch auch ein ganz normaler Studiengang.

Vorbereitung ist das halbe Studium

Ein Vorteil von Jura ist, dass du vorab eigentlich nichts spezifisch dafür lernen kannst. Das Studium baut auf keinem Wissen des Gymnasiums auf. Anders als in Mathematik, kannst du also absolut ohne tiefgreifende, schulische Vorkenntnissen beginnen.

Das ist aber auch zugleich ein Nachteil von Jura. Du hast kaum Vorkenntnisse von der Materie und der erwarteten Arbeitsmethode, somit kannst du also auch kaum einschätzen, ob Jura überhaupt etwas für dich ist.

Folgende Voraussetzungen solltest du, nach meiner absolut persönlichen Meinung, dennoch mitbringen:

Interesse an der Rechtsmaterie

Du wirst enorm viel Zeit in Vorlesungen und über Lehrbüchern verbringen. Wenn du keinerlei Interesse am Gebiet des Rechts hast, können sich solche Lerneinheiten auch schnell mal als Fluch herausstellen. Wenn du die Thematik als langweilig empfindest, dann wird es doch schwierig, dich für die vielen anstehenden Semester zu motivieren.

Gute Deutschkenntnisse

Die Rechtstexte, die Vorlesungen und die Lehrbücher sind auf deutsch. Da man mehrere Stunden am Tag mit diesen Medien verbringen wird, sind Deutschkenntnisse auf jeden Fall von Vorteil. Des Weiteren sind auch die Klausuren sehr auf Details fokussiert, die man zum einen im Sachverhalt erkennen und dann auch noch in sachlich, gehobener Sprache argumentativ ausformulieren sollte.

Solltest du noch keine ausreichenden Sprachkenntnisse besitzen, gibt es jedoch zahlreiche Möglichkeiten, diese während des Studiums zu erlernen.

Selbstdisziplin

Studieren ist voller Versuchungen. Die plötzliche, neu gewonnene Freiheit, Erstiparties, haufenweise neue Leute mit denen man was unternehmen kann und natürlich die fehlende Anwesenheitspflicht in den Vorlesungen.

Häufig kommt es dann vor, dass dem Studium selbst doch sehr wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird, was sich wiederum erst in den Prüfungen bemerkbar macht.

Im Jurastudium selbst kommt da noch hinzu, dass quasi keine Note, bis auf die beiden Noten des Examens von Relevanz sind. Technisch gesehen reicht es also, wenn du alle Prüfungen gerade noch so bestehst, und dann im Examen erst richtig aufdrehst.

Das Problem hierbei ist jedoch, dass durch diese Einstellung, enorme Lücken entstehen, die du nicht mehr so einfach vor dem Examen füllen kannst.

Deshalb ist vor allem bei Jura Selbstdisziplin so wichtig. Natürlich kannst du den Versuchungen des Studentenlebens nachgehen, aber nur, wenn du auch deinem Studium Raum gewährst. Ein guter Anfang wäre es, wenn du in die Vorlesungen und Propädeutischen Übungen gehst und zusätzlich täglich die behandelten Themen nochmal durchgehst.

Gesunder Menschenverstand

Das ist jetzt etwas schwer abzugrenzen. Generell solltest du durchaus aber eine ausgeprägte Allgemeinbildung besitzen und im Alltag als auch im Umgang mit Menschen eher gut zurecht kommen.

Jura beschäftigt sich mit den Gesetzen und Regeln, die unser Zusammenleben als Gemeinschaft prägen. Hier erweist es sich als Vorteil, wenn man die Zusammenhänge dieser Gemeinschaft versteht und die Grundregeln der Gesellschaft zumindest nachvollziehen kann.

Das sind auch schon alle Grundvoraussetzungen. Keine Angst, wenn du irgendwelche davon noch nicht besitzt, da jede von ihnen auch im Studium erlernt werden kann.

Was du an den meisten Unis nicht brauchen wirst, ist ein bestimmter Numerus Clausus. Dafür werden oft die ersten Klausuren schwerer, um quasi die Spreu vom Weizen zu trennen. Auch hier brauchst du dir aber keine Sorgen machen. Wenn du dich regelmäßig mit den Themen beschäftigst, sollten dir die Prüfungen keine Probleme bereiten.

“… Am Ende brauchen sie uns doch”

Abschließend kann man festhalten, dass Jura ein durchaus anspruchsvoller Studiengang ist, der aber, bei entsprechendem Eifer, sehr lohnenswert sein kann. So erwirbt man nicht nur zwei Staatsexamen, sondern wächst zudem bedeutsam auf persönlicher als auch auf einer menschlichen Ebene.

Nach dem Studium stehen dir fast alle Wege offen. So kannst du dich Selbstständig als Anwalt machen, beim Staat die Laufbahn des Richters oder Notars ergreifen, bei sowohl kleinen, als auch großen Firmen anfangen, als Journalist tätig werden oder eine von zahlreichen anderen Aufgaben in der Gesellschaft ergreifen.

Auch wenn man als Jurist nicht gerade zu den Beliebtesten gehören wird, so braucht man uns am Ende doch.

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