Du hast also die Ehre, eine Klausur über die Grundrechte schreiben zu dürfen. Und ich habe die Ehre, dir diese in diesem Artikel näher zu bringen. Schön.
Die Thematik der Grundrechte unterscheidet sich von den übrigen dir bekannten juristischen Themen wie Schuldrecht oder Strafrecht insofern, als dass sie sehr stark von Urteilen beeinflusst wird. Im Rahmen der Grundrechte gibt es zahlreiche Grauzonen, die durch höchstrichterliche Entscheidungen ständig geformt werden. Der strebsame Student lernt in diesem Zusammenhang folglich nicht nur die reine Theorie, sondern insbesondere, wenn es um Grundrechte geht, auch Urteile des BVerfG. Das sorgt dafür, dass du ein gutes Gefühl für die Verhältnismäßigkeitsprüfungen bekommst und entsprechende Argumentationen sowohl kennen, als auch anzuwenden lernst.
Natürlich ist aber auch die Theorie nicht zu vernachlässigen, deshalb bist du ja schließlich hier. Also legen wir mal los:
Die Grundrechte sind in den Art. 1 bis 19 GG geregelt und wurden bewusst an den Anfang des Grundgesetzes gestellt. Sie stellen die Basis unseres Staates dar. Genau, die Grundlage unseres Staates: Art. 1 III GG regelt, dass die Grundrechte die Gesetzgebung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung binden, mithin gelten sie ausschließlich für das deutsche Staatsgebiet.
Wenn ich in den kommenden Beiträgen auf die einzelnen Grundrechte eingehe, sind drei Begrifflichkeiten zu kennen und zu unterscheiden.
Grundrechtsträger
Grundrechtsträger sind die Personen, die die Rechte der einzelnen Grundrechte geltend machen können. Hier ist zu unterscheiden zwischen “Jedermann-Grundrechten”, also Grundrechten, die jedem Menschen auf deutschem Staatsgebiet zustehen, und den sogenannten “Deutschen-Grundrechten”, die, wie der Name bereits impliziert, nur deutschen Staatsbürgern zustehen.
Art. 2 I GG spricht von “jeder hat das Recht…”, folglich ist Art. 2 GG ein Jedermann-Grundrecht.
Art. 8 I GG hingegen beginnt mit: “Alle Deutschen haben das Recht…”, ist folglich also ein Deutschen-Grundrecht. Logisch, oder?
Außerdem können Grundrechte auch juristische Personen bemächtigen, sofern sie denn ihrem Wesen nach auf solche anwendbar sind (Art. 19 III GG). Dazu aber dann mehr bei den entsprechenden Grundrechten.
Grundrechtsadressaten
Grundrechtsadressaten sind die Personen, an die sich quasi die befehlende Wirkung der Grundrechte richtet. Wie oben bereits erwähnt, bindet Art. 1 III GG grundsätzlich die Gesetzgebung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. Somit sind diese Grundrechtsadressaten.
Ein viel diskutierter Sonderfall stellt hier die “Drittwirkung der Grundrechte” dar. Dieser Thematik widme ich einen eigenen Artikel.
Grundrechtsgegenstand
Natürlich hat jedes Grundrecht neben einem Träger und einem Adressaten auch einen Inhalt. Also die Antwort auf die Frage, was dieses Grundrecht genau schützt. Exakt. Schützt. Es ist essentiell, dass du dir bewusst machst, dass uns die Grundrechte nicht direkt ein Recht gewähren, sondern dieses vielmehr schützen.
Nehmen wir als Beispiel Art. 5 I GG, die Meinungsfreiheit. Die Aufgabe dieser Norm ist es nicht, den Menschen zu erlauben, ihre Meinung zu äußern. Denn die Möglichkeit, dass du deine Meinung äußern darfst, ist als immer gegeben anzusehen. Auch ohne eine staatliche Institution mit all ihren Rechtssystemen dürftest du deine Meinung äußern. Du müsstest nicht erst auf ein Grundgesetz warten. Art. 5 I GG ist folglich keine Ermächtigung. Viel mehr schützt er deine bereits bestehende Meinungsfreiheit vor staatlichen Eingriffen. Deine auch ohne Gesetz vorhandenen Meinungsfreiheit darf nur staatlich beeinträchtigt werden, wenn die strengen Voraussetzungen von Art. 5 I GG erfüllt werden.
Das ist Sinn und Zweck der Grundrechte. Sie dienen nicht als Ermächtigungsgrundlagen, sondern haben eine Schutzfunktion. Leuchtet ein.
Die Basics sind jetzt also bekannt. In den nächsten Artikeln geht es dann um die einzelnen Grundrechte und insbesondere, natürlich, um ihre Prüfungsschematas.