Die Grundsteuerreform in Bayern – ein Überblick

Die Grundsteuer ist eine der essentiellen Einkommensquellen deutscher Gemeinden. Sie stellt dabei eine Objektsteuer dar; das heißt sie knüpft nicht an das Einkommen oder die Leistungsfähigkeit einer Person, sondern an den Vermögensgegenstand, hier das Grundstück mit Bebauung an. Am 10. April 2018 erklärte das BVerfG wesentliche Normen der derzeitigen Grundsteuerregelungen für verfassungswidrig. Um rechtliche Lücken zu vermeiden, erklärte es diese jedoch nicht für nichtig, sondern setzte dem Gesetzgeber eine Frist zur Neuregelung.

Dieser Aufforderung kam der Gesetzgeber nun mit der Grundsteuerreform nach. Wie diese Reform ausfällt und worauf bei ihrer Anwendung zu achten ist, soll dieser Beitrag erläutern.

Der Ursprung: Das Urteil

Das BVerfG erklärte in seinem Urteil vom 10.04.2018 einige Normen des BewG, die für die Grundsteuer essentiell sind, für verfassungswidrig. Dabei kritisierte das BVerfG nicht die Grundsteuer oder deren Erhebungsverfahren per se, sondern einen anderen wesentlichen Punkt: Die Bewertungsgrundlage. Problematisch an dieser Bewertungsgrundlage sei, so das BVerfG, dass nach wie vor die Wertverhältnisse aus dem Jahre 1964 als Grundlage herangezogen werden (für das ehemalige Ostdeutschland sogar noch ältere).

Bislang wurde die Grundsteuer folgendermaßen berechnet: Durch die Bewertung des Steuerobjekts wurde ein sogenannter Einheitswert (Bewertungsgrundlage) gebildet. Dieser wurde anschließend mit einem Grundsteuermessbetrag und dann noch auf kommunaler Ebene mit einem Hebesatz multipliziert. Das Produkt ergab sodann die zu zahlende Grundsteuer

Der historische Gesetzgeber schrieb zwar vor, dass die Bewertungsgrundlage und damit die Einheitswerte aller Grundstücke, in regelmäßigen Abständen angepasst werden sollen, um Wertentwicklungen korrekt abzubilden. Dies unterblieb jedoch aufgrund des enormen organisatorischen Aufwandes. In der Konsequenz wurden weiterhin die veralteten Bewertungsgrundsätze aus 1964 angewendet, was dafür sorgte, dass die besteuerten erheblich von den tatsächlichen Wertverhältnissen divergierten. Das BVerfG sieht darin – zu Recht – eine Verletzung der Steuergerechtigkeit als Konkretisierung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes gem. Art. 3 I GG, insbesondere auch durch die nochmals unterschiedlichen Bewertungsgrundlagen für das ehemalige Ost- und Westdeutschland.

Konsequenzen des Urteils

Aus dem Urteil des BVerfG lassen sich mehrere Schlussfolgerungen ziehen:

  1. Die Grundsteuer als Institut selbst ist verfassungsgemäß.
  2. Auch der oben aufgezeigte Drei-Schritt ist grundsätzlich nicht zu beanstanden.
  3. Gleichwohl ist die Feststellung des Einheitswertes regelmäßig an die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen anzupassen.

Der Bund und die Länder haben nun Neuregelungen zur Grundsteuer geschaffen. Hierbei belassen es Teile Deutschlands dabei, lediglich den Bewertungsgrundsatz anzupassen, während andere das Urteil als Anstoß für weitergehende Reformen nutzten. In der gebotenen Kürze soll nachfolgend die Bundesregelung dargestellt werden um im Anschluss ausführlich auf die bayerischen Unterschiede in der Neuregelung einzugehen.

Die Bundesebene

Auf der Bundesebene bleibt es bei dem bisherigen Verfahren zur Ermittlung der Grundsteuer. Die Grundsteuer wird folglich weiterhin auf Basis des Grundstückswertes ermittelt. Dieser wird anschließend mit der Grundsteuermesszahl und dem gemeindlichen Hebesatz multipliziert (§§ 13, 25 GrStG).

Die Grundsteuermesszahl ist je nach Art des Grundstücks unterschiedlich. Insgesamt wurde sie jedoch erheblich reduziert, teilweise sogar auf 1/10 der ursprünglichen Werte (§ 15 GrStG). Der Grund liegt im Ziel der Reform, dass die steuerliche Gesamtbelastung der Bürgerinnen und Bürger nicht steigen und so die höheren Grundstückswerte ausgeglichen werden sollen.

Bislang gab es zwei Grundsteuerarten: A und B. Die Grundsteuer A bezog sich auf land- und forstwirtschaftliche Grundstücke, während die Grundsteuer B alle anderen (un-)bebauten Grundstücke umfasste. Hierzu tritt nun eine dritte Kategorie: Die Grundsteuer C. Deren Zweck soll es sein, die Spekulation mit Grundstücken unattraktiver zu gestalten, und insbesondere in Gegenden mit Wohnungsmangel zum vermehrten Wohnungsbau anzuregen (hier die Stellungnahme des Bundesfinanzministeriums unter Nr. 8).

Entscheidend – auch um den anschließenden Vergleich mit dem bayerischen System nachvollziehen zu können – ist die Ratio der Grundsteuer nach Auffassung des Bundes. Hiernach stelle die Grundsteuer eine konjunkturunabhängige und die kommunale Selbstverwaltungsautonomie stärkende Steuer dar (BT-Drucksache 19/11085, Seite 85). Indem die Grundsteuer, unabhängig von der persönlichen Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners, den Grundbesitz besteuert, soll der Steuerschuldner so zu einer ertragsbringenden Nutzung angehalten werden (ibidem). Damit knüpft die Grundsteuer nach Ansicht des Bundes an eine objektive Leistungsfähigkeit an und folgt einem Leistungsfähigkeitsprinzip.

Im Gegensatz dazu folgt Bayern wohl dem sogenannten Äquivalenzprinzip (strittig). Näheres dazu weiter unten.

Bestimmung der Bemessungsgrundlage

Die Bemessungsgrundlage wird auf Bundesebene gem. § 219 I BewG als Grundsteuerwert bezeichnet. Für bebaute Grundstücke wird dieser nach § 250 BewG anhand zweier verschiedener Verfahren ermittelt. Dem Ertragswertverfahren (§ 250 II BewG) und dem Sachwertverfahren (§ 250 III BewG). Hierbei werden eine Vielzahl an Parameter berücksichtigt, unter anderem zum Beispiel standardisierte Mieterträge (Anlage 39 BewG) oder auch die Grundstücksgrößen (Anlage 36 BewG). Insgesamt jedoch wurden die vom Steuerschuldner anzugebenden Parameter drastisch eingeschränkt, weshalb insofern das Verfahren für den Steuerschuldner grundsätzlich wohl vereinfacht wird.

Die Steuermesszahl

Die Bemessungsgrundlage bzw. der Grundsteuerwert wird sodann mit der Steuermesszahl multipliziert. Diese richtet sich nach der Art der Grundsteuer.

Gem. § 14 GrStG beträgt die Steuermesszahl für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft (Grundsteuer A) 0,55 Promille. Bei anderweitigen Grundstücken wird die Bestimmung gem. § 15 GrStG bereits komplizierter. Für unbebaute Grundstücke im Sinne des § 246 BewG gilt gem. § 15 I Nr. 1 GrStG eine Steuermesszahl von 0,34 Promille. Bei bebauten Grundstücken kann die Steuermesszahl zwischen 0,31 und 0,34 Promille variieren, vgl. § 15 I Nr. 2 GrStG. Hinzu können Vergünstigungen zur Wohnraumförderung nach § 15 II GrStG treten. Etwas ähnliches findet sich in § 15 V GrStG für die Erhaltung von Denkmälern.

Der Hebesatz

Am Hebesatz der Gemeinden ändert sich auf der Bundesebene oberflächlich nicht viel. Die gesetzliche Grundlage findet sich in § 25 GrStG. Interessant wird in diesem Zusammenhang die neue Grundsteuer C, welche sogleich ausführlich behandelt wird.

Berechnung

Nun werden nach dem Bundesmodell die Bemessungsgrundlage, die Steuermesszahl, sowie der kommunale Hebesatz miteinander multipliziert und ergeben so den Grundsteuerbetrag.

Bemessungsgrundlage * Steuermesszahl * kommunaler Hebesatz = Grundsteuerbetrag

Grundsteuer C

Wie oben bereits erwähnt, wird auf der Bundesebene auch die sogenannte Grundsteuer C eingeführt. Hierdurch soll die Spekulation mit Bauland eingedämmt und der Bau von Wohnungen vorangetrieben werden. Die gesetzliche Grundlage findet sich im künftigen (ab 2025) § 25 V GrStG. Hiernach dürfen Gemeinden für baureife Grundstücke einen erhöhten Hebesatz anwenden.

Baureif sind nach dem Gesetzeswortlaut dabei unbebaute Grundstücke im Sinne des § 246 BewG, die nach Lage, Form und Größe und ihrem sonstigen tatsächlichen Zustand sowie nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften sofort bebaut werden könnten (vgl. § 25 V 2 GrStG in seiner Fassung ab 2025).

Die Länderebene – Bayern

Über die sogenannte Länderöffnungsklausel (Art. 72 III Nr. 7 GG) wird es den Ländern ermöglicht, eigene, von den eben genannten abweichende, Regelungen zur Grundsteuer zu treffen. Diese Möglichkeit haben die einzelnen Länder unterschiedlich umfassend genutzt. Bayern hat davon beispielsweise äußerst umfangreich Gebrauch gemacht, weshalb nun dargelegt werden soll, inwiefern sich die Regelungen in Bayern von denen des Bundes unterscheiden.

Abweichungen

Die wohl auffälligste Abweichung des bayerischen Systems ist die unterschiedliche Berechnungsweise. Bayern wendet sich von der Bemessungsgrundlage des Bundes in Form der Grundsteuerwerte im Sinne des § 219 I BewG ab. Stattdessen wird in Bayern auf Äquivalenzzahlen abgestellt, die sowohl am Grund und Boden, als auch an den Gebäudeflächen ansetzen.

Gem. Art. 3 I 1 BayGrStG beträgt beispielsweise die Äquivalenzzahl für die Fläche des Grund und Bodens 0,04€ je m². Für Gebäudeflächen hingegen beträgt die Äquivalenzzahl gem. Art. 3 II BayGrStG 0,50€ je m². Die zugehörige Messzahl beläuft sich nach Art. 4 I 1 BayGrStG auf 100%. Diese ist deshalb so viel höher als die des Bundesmodells, da in Bayern die notwendige Reduktion bereits über die Äquivalenzzahl erfolgt. Dennoch wird unter Umständen auch die Steuermesszahl beispielsweise auf 70% für Wohnflächen gesenkt, vgl. Art. 4 I 2 BayGrStG.

Auch bei den Hebesätzen räumt der Freistaat Bayern seinen Gemeinden mehr Freiheiten ein als der Bundesgesetzgeber. So schreibt der Bund in § 25 IV Nr. 2 GrStG vor, dass Gemeinden für Grundstücke innerhalb ihres Gemeindegebiets grundsätzlich keine unterschiedlichen Hebesätze verwenden dürfen. Hingegen ist in der bayerischen Gesetzesfassung hiervon nach Art. 5 I BayGrStG eine explizite Ausnahme geschaffen worden. Unter den dort aufgeführten Voraussetzungen dürfen Gemeinden folglich innerhalb desselben Gemeindegebiets Grundstücke mit unterschiedlichen Hebesätzen belasten.

Einen gänzlichen Alleingang fährt Bayern bei der neuen Grundsteuer C. Wie oben bereits ausgeführt, soll hierdurch den Gemeinden ein Instrument zur Wohnraumförderung an die Hand gegeben werden. Der künftige § 25 V GrStG findet in Bayern jedoch gem. Art. 5 II BayGrStG keine Anwendung. Die Grundsteuer C ist damit in Bayern nicht anwendbar. Hingegen soll durch anderweitige Privilegierungen von Wohnraum in Bayern auch ohne die Grundsteuer C eine ausreichende Wohnraumförderung gewährleistet werden.

Bedenken und Kritik

Kurz nach den ersten Ausfertigungen des Bayerischen Systems gab es erste Zweifel an seiner Verfassungsgemäßheit. Insbesondere problematisch ist die Frage, ob die bayerische Ausgestaltung den steuerrechtlichen Prinzipien entspricht.

Bayern behandelt die Grundsteuer als Flächensteuer. Das hat zur Folge, dass Grundstücke unabhängig von ihrem Wert, lediglich nach ihrer Fläche besteuert werden. Damit wendet sich Bayern von dem ansonsten im Steuerrecht – und so auch im Bundesmodell der Grundsteuer – vorherrschenden Leistungsprinzip ab. Im Gegenteil, führt nun eine höhere Leistungsfähigkeit eines Grundstücks sogar zu einer anteilig niedrigeren Besteuerung (Quelle, S. 12).

Ob die Grundsteuer als Flächensteuer dafür dem Äquivalenzprinzip entspricht ist umstritten. Vertiefend, sowie die Begutachtung weiterer möglicher Probleme: Schmidt, Verfassungswidrigkeit der Grundsteuer als Flächensteuer, 2019.

Unter Berücksichtigung der derzeit stattfindenden Diskussionen besteht zumindest die Möglichkeit, dass die Grundsteuer als Flächensteuer in Bayern verfassungswidrig ist. Es bleibt abzuwarten, ob sich dies bewahrheitet, und wenn ja, ob der bayerische Gesetzgeber daraufhin entsprechende Änderungen vornimmt. Gleichwohl ändert das nichts daran, dass der Steuerpflichtige dennoch bei der Erfassung der notwendigen Daten mitwirken soll.

Bedeutung für die Steuerpflichtigen

Die Steuerpflichtigen sind gem. den §§ 228 f. BewG verpflichtet gegenüber den Finanzämtern (bzw. unter Umständen den Gemeinden nach Art. 108 IV 2 GG) die zur Ermittlung der Grundsteuer notwendigen Angaben zu machen. Hinzu tritt die Verpflichtung, die Grundstücksflächen und Gebäudeflächen festzustellen (in Bayern gem. Art. 6 II 1 BayGrStG). Da in Bayern nicht nach der Art der Grundstücksnutzung unterschieden wird, ist die Feststellung der Grundstücksart, anders als im Bundesmodell, gem. Art. 6 II 2 BayGrStG nicht notwendig. Für die Feststellung erhält der Steuerpflichtige eine Aufforderung durch die zuständige Behörde (Art. 6 V 1 BayGrStG, bzw. § 228 I 1 BewG).

Wichtig: Der Steuerpflichtige im Rahmen der Grundsteuer ist der Eigentümer (und nicht etwa beispielsweise der Mieter) des Grundstücks beziehungsweise des Gebäudes.

Fragen und Antworten

Anbei findet sich ein Fragen und Antworten Katalog, der im Laufe der Zeit mit neuen Entwicklungen erweitert werden soll.

Bis wann müssen die Erklärungen zu den Grundstücken spätestens erfolgen?

Derzeit ist die Abgabefrist auf den 31.10.2022 gelegt. Ob diese Frist noch, mit Blick auf viel Kritik in der Literatur, nach hinten verschoben wird, bleibt abzuwarten.
Update: Die Frist wurde verlängert und läuft nun bis zum 31.01.2023.

Zählen Garagen mit zur Wohnfläche? (Bayern)

Gem. Art. 2 II 1 BayGrStG bleiben Nutzflächen von Garagen, die im räumlichen Zusammenhang zur Wohnfläche stehen, bis zu einer Fläche von insgesamt 50m² außer Betracht.

Ab wann gilt ein Grundstück als bebaut? (Bayern)

Ein Grundstück gilt gem. Art. 2 IV 1 BayGrStG ab einer Gesamtgebäudefläche von 30m² als bebaut.

Weitere Fragen?

Eine ausführliche Auflistung findet sich auch hier: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/FAQ/faq-die-neue-grundsteuer.html

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