Der Unterschied zwischen kumulativer und alternativer Kausalität

Wird man zum ersten mal mit der Kausalität und ihren unterschiedlichen Varianten konfrontiert, kann man sich schnell überfordert fühlen. Um dennoch den Überblick zu behalten, bietet es sich an die verschiedenen Konstellationen voneinander abzugrenzen und so den Lernaufwand zu reduzieren. Ein super Beispiel hierfür ist die Abgrenzung der kumulativen von der alternativen Kausalität.

Ausgangsfall

Zur Veranschaulichung nehmen wir folgenden, einfach gestrickten Fall:

A und B vergiften den Tee des O, ohne dabei voneinander zu wissen, mit jeweils 5 mg eines Giftes. O trinkt den Tee und stirbt an den Folgen der Vergiftung.

Alleine anhand dieser Sachlage lässt sich noch keine Unterscheidung zwischen kumulativer und alternativer Kausalität treffen. Beide könnten hier vorliegen.

Kumulative Kausalität

Damit eine kumulative Kausalität gegeben ist, dürften nur beide Gift-Portionen gemeinschaftlich zum Tod des O führen. Nehmen wir an, es handelt sich um ein Gift, dass erst ab 10 mg tödlich wirkt. Die tödliche Wirkung kann also nur eintreten, wenn beide beide Portionen (5 mg) gemeinschaftlich, also kumulativ, in den Tee gegeben werden.

In einem solchen Fall ist die Kausalität nicht weiter problematisch, denn mit der conditio-sine-qua-non-Formel kann man sowohl beim A, als auch beim B eine Kausalität bejahen:

Hätte A nicht das Gift in den Tee des O gegeben, wäre O nicht gestorben. Selbiges gilt für B. Beide wurden kausal. Probleme können sich in dieser Konstellation unter Umständen in der objektiven Zurechnung oder auf der Ebene des Vorsatzes ergeben.

Alternative Kausalität

Anders sieht es bei einer alternativen Kausalität aus. Hierfür müssten wir den Sachverhalt so gestalten, dass bereits 5 mg des Giftes genügen, um den Tod des O herbeizuführen.

Wendet man nun auf diese Konstellation die conditio-sine-qua-non-Formel an, gelangt man, auch unter Berücksichtung des in-dubio-pro-reo-Grundsatzes, zu einem überraschenden Ergebnis: Hätte A nicht das Gift in den Tee des O gegeben, wäre O dennoch gestorben. Schließlich war ja auch das Gift des B im Tee, was für die Tötung des O ausreichte. Genauso kann sich aber auch B darauf berufen, dass ja bereits die Menge des A ausreichte, um den O zu töten und somit auch B nicht kausal sein konnte nach der bekannten Formel.

Wir würden somit grundsätzlich zu dem Ergebnis gelangen, dass wenn A und B jeweils zu wenig Gift in den Tee des O schütten würden, gemeinsam aber genug, sie beide kausal sein würden. Wenn sie jedoch beide jeweils eine ausreichende Menge hineinschütten würden, eine Kausalität abzulehnen wäre. Somit wäre es für den Täter zumindest in diesem Prüfungspunkt strafrechtlich günstiger, eine größere Menge Gift hineinzugeben.

Deshalb benötigt man im Fall der alternativen Kausalität, nach wohl herrschender Auffassung, eine Abwandlung der conditio-sine-qua-non-Formel:

Kausal für einen Erfolg sind mehrere Handlungen dann, wenn sie zwar alternativ, nicht jedoch kumulativ hinweggedacht werden können, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele.

Vorliegend lassen sich die beiden Handlungen von A und B alternativ hinwegdenken, ohne dass das Ergebnis sich verändert. Denkt man sich jedoch beide kumulativ weg, würde O in unserem Fall nicht am Gift sterben. Nach dieser abgewandelten Formel wären somit sowohl A, als auch B, kausal.

Fazit

Die kumulative und die alternative Kausalität haben regelmäßig ähnliche Ausgangskonstellationen, sind aber bei genauerer Sachlage meistens eindeutig voneinander zu unterscheiden. Bei der kumulativen Kausalität handelt es sich letztlich, zumindest auf Ebene der Kausalität, um keine speziell zu behandelnde Konstellation. Dennoch ist sie in einer Klausur zu benennen und zu erläutern, alleine schon um die Abgrenzung zur alternativen Kausalität darzustellen.

Um die alternative Kausalität in einem Sachverhalt darzustellen, benötigt der Klausurersteller häufig mehrere Sätze. Deshalb ist auch in der Klausurlösung auf dieses Problem detaillierter einzugehen. Insbesondere sollte dargelegt werden, wieso eine Abweichung der geläufigen conditio-sine-qua-non-Formel notwendig ist, und wie diese Abwandlung letztlich auf den konkreten Fall zu subsumieren ist.

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