Mittelbare Täterschaft – Schema und Aufbau

Im Rahmen der Täterschaften und Teilnahmen beschäftigt man sich hauptsächlich damit, wie jemand bei der Begehung einer Tat mitgewirkt hat.

Abzugrenzen ist hierbei grundsätzlich zwischen Täterschaft und Teilnahme. Zu dieser Abgrenzung gibt es mehrere Theorien, die gegebenenfalls alle in einer Klausur von dir erwartet werden. Den entsprechenden Meinungsstreit findest du hier.

Bei der mittelbaren Täterschaft nach §25 I Alt. 2 StGB (reinschauen!) begeht der Täter, anders als bei der (unmittelbaren) Täterschaft, die Tat nicht selbst, sondern durch einen anderen. Er hat aber, im Gegensatz zur Anstiftung, die Tatherrschaft inne. Diese Tatherrschaft erlangt der mittelbare Täter dadurch, dass er sich zur Ausführung der Tat einer Person bedient, die einen Mangel im strafrechtlichen Sinne aufweist, und diesen Mangel ausnutzt um den Taterfolg herbeizuführen. Klingt unheimlich kompliziert, sollte aber anhand eines Beispiels einleuchtend sein:

Arzt A beauftragt Krankenschwester K, dem Patienten P eine Spritze zu verabreichen. A füllte die Spritze mit einem Gift, da P sein langjähriger Erzfeind ist. K verabreichte P die Spritze, in dem Glauben, dass es sich um ein Medikament handle. P stirbt an den Folgen des Gifts.

Klar sollte sein, dass es ziemlich schwierig wird, bei der Krankenschwester einen Vorsatz zu bejahen. Ebenso schwierig wird es wohl sein, eine Fahrlässigkeit anzunehmen. Folglich wird man K hier nicht bestrafen können. Und das ist auch absolut richtig, denn K hat hier ja keinerlei kriminelle Energie gehabt.

Der fehlende Vorsatz ist im strafrechtlichen Sinne ein Mangel der K, schließlich wusste sie nicht, dass sie den Patienten mit der Spritze töten wird. Diesen Mangel nutzte der Arzt in unserem Beispiel aus. Er wusste, dass K dem P die Spritze verabreichen würde, wenn sie denkt, dass es sich um ein Medikament handle. Folglich nutzte er den Mangel der K aus. Somit haben wir ein Paradebeispiel der mittelbaren Täterschaft vor uns.

Nachdem die Grundzüge klar sein sollten, empfiehlt sich als nächstes ein Blick auf das Prüfungsschema.

Das Schema

I. Prüfung des Vordermannes (Tatmittler)

II. Prüfung des Hintermannes (mittelbarer Täter)

 1. Objektiver Tatbestand

     a. Begehung durch einen anderen

     b. Mangel beim Tatmittler

     c. Tatherrschaft durch Wissens- oder Wollensüberlegenheit

 2. Subjektiver Tatbestand

     a. Vorsatz bzgl. Vollendung der Haupttat

     b. Vorsatz bzgl. eigener Tatherrschaft und Mangel des Tatmittlers.

     c. Evtl. Tatbestandsverschiebung (§28 II StGB)

3. Rechtswidrigkeit

4. Schuld

Bei der mittelbaren Täterschaft ist das Schema eine super Möglichkeit um Punkte zu sammeln. Da lohnt es sich, wenn man es ein wenig genauer betrachtet.

I. Prüfung des Vordermannes

Der Vordermann wird im Rahmen der mittelbaren Täterschaft auch Tatmittler genannt. Unter diesem Prüfungspunkt prüfst du die ganz gewöhnliche Strafbarkeit, wirst aber, zumindest im absoluten Regelfall, an einem Prüfungspunkt rausfliegen, weil ja unser Vordermann einen Strafbarkeitsmangel aufweisen muss. Dazu aber gleich mehr.

II. Prüfung des Hintermannes

Hier wird es jetzt dann schon langsam interessanter. Du widmest dich nämlich jetzt dem mittelbaren Täter, welcher die Tat durch den Tatmittler begangen hat.

1. Objektiver Tatbestand

Logisch, bei der mittelbaren Täterschaft beginnen wir wie gewohnt mit dem objektiven Tatbestand.

a. Begehung durch einen anderen

Das Markenzeichen der mittelbaren Täterschaft. Unser Täter vollzog die Tat durch einen anderen. Der Taterfolg trat also nicht durch die Handlung des Hintermannes ein, sondern durch die des Tatmittlers. Hier verweist du also auf die Prüfung des objektiven Tatbestandes des Vordermannes, die du ja bereits weiter oben durchgeführt hast.

b. Mangel bei Tatmittler

In diesem Punkt erwähnst du im Regelfall, dass beim Tatmittler ein Strafbarkeitsdefizit während der Begehung der Tat vorlag. Auch das hast du weiter oben ja bereits geprüft. Grundsätzlich gibt es folgende mögliche Strafbarkeitsdefizite:

  • Mangel im objektiven Tatbestand
  • Mangel im Tatbestandsvorsatz
  • Mangel an der spezifischen Absicht
  • Mangel in der Rechtswidrigkeit
  • Mangel in der Schuldfähigkeit

c. Tatherrschaft durch Wissens- oder Wollensüberlegenheit

Und schließlich muss der Hintermann auch den Mangel des Tatmittlers in irgendeiner Art und Weise ausnutzen. Dies geschieht entweder durch überlegenes Wissen oder durch überlegenes Wollen. In unserem Beispiel oben, wusste der Arzt, was sich in der Spritze befand. Unsere Krankenschwester K jedoch nicht. Bei ihr lag folglich ein Strafbarkeitsmangel vor, den er durch überlegenes Wissen ausnutzte. Die Tatherrschaft lag deshalb bei A.

2. Subjektiver Tatbestand

Wie auch schon im Bereich der Teilnahme haben wir hier auch eine Art “doppelten Vorsatz”. Zum einen benötigt der Hintermann Vorsatz bezüglich der Haupttat und Vorsatz bezüglich der vorliegenden Situation, also bezüglich der Tatsache, dass der Tatmittler einen Strafbarkeitsmangel aufweist, den er als mittelbarer Täter ausnutzt.

Im Beispiel oben weiß A, dass K nichts von dem Gift wissen kann. Außerdem weiß er, dass sie dem Patienten die Spritze nur deshalb verabreichen wird, da sie von einem medikamentösen Inhalt der Spritze ausgeht.

3./4. Rechtswidrigkeit/Schuld

Hier finden sich letztlich keine Besonderheiten, weshalb ich auf das grundlegende Schema verweise.

Damit hast du zunächst einmal eine super Grundlage für deine nächste Prüfung einer mittelbaren Täterschaft. Richtig spannend werden dann aber Abgrenzungsfragen. Was wäre zum Beispiel, wenn in unserem Fall oben, die K ganz genau wissen würde, was in der Spritze ist, die Tat dennoch aufgrund ihrer Zuneigung gegenüber A begeht, während dieser aber von dem Strafbarkeitsmangel der K überzeugt ist?

Zum Schluss empfehle ich dir noch die Urteilsbesprechung des Katzenkönig-Falls durchzulesen. In diesem durchaus kuriosen BGH-Urteil kannst du die Basics zur mittelbaren Täterschaft vertiefen und erwirbst klausurrelevantes Streitfall-Wissen.

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