Nachdem sich der vorangegangene Beitrag mit der Übereignung nach den §§ 929 S. 1, 931 BGB befasst hat, soll dieser Artikel nun den dazugehörenden Erwerb vom Nichtberechtigten nach § 934 BGB beleuchten. Im Kern lässt sich auch bei § 934 BGB auf die Grundzüge des gutgläubigen Erwerbs zurückgreifen. An welchen Stellen jedoch besondere Vorsicht geboten ist, werde ich dir im Nachfolgenden aufzeigen.
Schema, § 934 BGB
I. Rechtsgeschäft im Sinne eines Verkehrsgeschäfts
II. Rechtsscheinstatbestand
III. Gutgläubigkeit
IV. Kein Ausschluss
Im Detail
Allgemeines
Der Tatbestand des § 934 BGB teilt sich in zwei Alternativen auf. Zum einen kann ein gutgläubiger Erwerb dann stattfinden, wenn der Veräußerer tatsächlich auch mittelbarer Besitzer ist, zum anderen ist ein gutgläubiger Erwerb aber auch dann möglich, wenn der Veräußerer weder Eigentümer noch mittelbarer Besitzer ist.
Ebenso wie in den §§ 932, 933 BGB versucht auch § 934 BGB das Spannungsverhältnis zwischen der Schutzwürdigkeit des Eigentümers und der Schutzwürdigkeit des Rechtsverkehrs zu lösen. Im Rahmen des Erwerbs vom Nichtberechtigten muss dabei stets beachtet werden, dass der Rechtsschein der Schutzwürdigkeit der beiden Interessen angemessen ist.
I. Rechtsgeschäft im Sinne eines Verkehrsgeschäfts
Auch bei § 934 BGB ist zunächst festzustellen, dass die Übereignung nicht durch Gesetz oder Universalsukzession (§ 1922 I BGB) und zwischen zwei (natürlichen oder juristischen) Personen stattfindet. In der Regel kannst du dich in einer Klausur an diesem Punkt entsprechend kurz fassen.
II. Rechtsscheinstatbestand
An dieser Stelle ist zwischen den beiden Konstellationen des § 934 BGB (Veräußerer ist mittelbarer Besitzer, bzw. Veräußerer ist kein mittelbarer Besitzer) zu differenzieren.
Ist der Veräußerer mittelbarer Besitzer im Sinne des § 868 BGB, aber dennoch Nichtberechtigter, genügt es für einen gutgläubigen Erwerb, dass er den Herausgabeanspruch erfolgreich abtritt. Die Abtretung des Herausgabeanspruchs richtet sich dabei nach § 398 BGB. An dieser Stelle ist eine detaillierte Prüfung der Abtretung nach den §§ 398 ff. BGB inklusive der denkbaren BGB AT Probleme vorzunehmen. Ist die Abtretung erfolgreich vollzogen, begründet sie einen ausreichenden Rechtsschein im Sinne des § 934 BGB.
Ist der Veräußerer hingegen nicht der mittelbare Besitzer der Sache, erfordert § 934 BGB die Besitzverschaffung an der Sache. Nach allgemeiner Auffassung bezieht sich § 934 BGB sowohl auf den mittelbaren als auch auf den unmittelbaren Besitz, wobei der mittelbare Besitz gem. § 870 BGB regelmäßig durch die Abtretung des Herausgabeanspruchs erfolgt, was eine erhebliche Schnittmenge mit der obigen ersten Alternative erzeugt. Soweit die zweite Alternative auf die Verschaffung des unmittelbaren Besitzes abstellt, orientiert sich § 934 BGB in Fällen des nicht mittelbar besitzenden und nicht berechtigten Veräußerers an der Systematik der §§ 932, 933 BGB. Hierdurch wird ein einheitliches Schutzniveau des Eigentümers gewährleistet.
III. Gutgläubigkeit
Die Gutgläubigkeit bezieht sich auf die Eigentümerstellung des Veräußernden (nicht auf die Berechtigung, vgl. § 366 I HGB!) konkretisiert durch den Rechtsscheinstatbestand. Maßgeblicher Zeitpunkt ist bei der ersten Alternative des § 934 BGB die Abtretung, bei der zweiten Alternative der Besitzerwerb. Als Maßstab ist auf § 932 II BGB abzustellen. Bösgläubig wäre der Erwerber demnach entweder bei positiver Kenntnis, oder bei grob fahrlässiger Unkenntnis.
IV. Kein Ausschluss
Auch bei § 934 BGB greift der Ausschlusstatbestand des § 935 I BGB ein. Demnach ist ein gutgläubiger Erwerb ausgeschlossen, wenn der unmittelbare Besitzer unfreiwillig seinen Besitz verloren hat. In Klausuren ist bei der Prüfung der Veräußerung eines Nichtberechtigten stets, zumindest kurz, zu diesem Prüfungspunkt Stellung zu nehmen.
Zusammenfassung
Abschließend lässt sich festhalten, dass sich § 934 BGB insbesondere durch die Differenzierung seiner Rechtsscheinstatbestände von den §§ 932, 933 BGB unterscheidet. Im Übrigen lösen alle drei Tatbestände das oben aufgeworfene Spannungsverhältnis nach einer kohärenten Systematik, die insbesondere durch die Korrektur des § 935 I BGB regelmäßig zu vertretbaren Ergebnissen führt. In Klausuren ist verstärkt auf eine genaue Prüfung und Differenzierung zu achten.