Autos, bzw. deren – teils – unachtsamen Fahrer, sind Schuld an zahlreichen Wildunfällen. Dass aber auch stehende Autos aufgrund ihrer Autotüren für Tiere gefährlich sein können ist weniger bekannt. Dabei ist das gar nichts Neues. So beschäftigte sich bereits im Jahre 1996 das Oberlandesgericht Hamm mit einem Fall, in welchem 143 Hühner aufgrund einer zu laut zugeschlagenen Autotüre starben.
Hier das Wesentliche aus dem Sachverhalt:
“Am 20.9.1994 fuhr der Angeklagte trotz eines Schildes mit der Aufschrift „Betreten verboten“ den etwa 50m langen Zugang zu den Hühnerstallungen des Klägers entlang. Anschließend schlug er in unmittelbarer Nähe der Ställe geräuschvoll die Tür seines PKW zu. Da die Hühner, welche in Intensiv-Aufzucht gehalten wurden, außergewöhnlich empfindlich gegen laute Geräusche sind, verendeten 143 Hühner infolge einer Panikreaktion. Jetzt begehrt der Kläger Schadensersatz vom Beklagten.”
OLG Hamm, Urteil vom 11.12.1996, 13 U 121/96
Das OLG Hamm wies die Berufung ab und ließ keinen Schadensersatzanspruch zu.
Problematisch war hier folgende Konstellation: Weitestgehend unstrittig sorgte das Geräusch der Autotür für eine Panikreaktion bei den Hühnern, die zu deren Tod führte. Fraglich ist aber, ob der Beklagte für diese Panikreaktion verantwortlich ist. Denn zwar befuhr er den Weg, dessen Betreten durch das Schild verboten wurde, jedoch waren es auch besonders schreckhafte Hühner, was wohl der Intensivhaltung des Klägers geschuldet war.
Und genau dort setzte die 9. Zivilkammer an. Denn der Umstand der erhöhten Empfindlichkeit der Tiere liegt in der Risikosphäre des Tierhalters und kann mithin nicht dem unwissenden Beklagten im Wege des § 823 I BGB zugerechnet werden.
Takeaways für die Klausur
Zunächst, ganz klar und wie eben bereits gesagt, erhöhte Empfindlichkeit von Tieren aufgrund der Zucht des Tierhalters ist auch – grundsätzlich – dessen eigenes Risiko.
Natürlich stellt sich aber auch die Frage, ob man nicht den begangenen Hausfriedensbruch beachten müsse. Schließlich fuhr der Beklagte unerlaubt auf den Weg des Klägers. Denkbar war hier also auch ein Anspruch auf Schadensersatz nach den §§ 823 II BGB, 123 StGB. Der jedoch daran scheitert, so das Gericht, dass § 123 StGB das individuelle Hausrecht einer Person schützt, nicht jedoch zwingend auch ihr Vermögen.
Und zum Schluss, wenn wir schon bei Tieren sind und das wirklich zu häufig vergessen wird: Werf noch einmal einen Blick auf § 90a BGB.
Ein interessantes Urteil also, das besonders in Zurechnungs- und Verschuldensfragen des Deliktrechts als solide Argumentationsgrundlage dienen kann.