Nach einer Trennung einen Anspruch auf den Umgang mit den gemeinsamen Kindern durchsetzen zu wollen ist gängige Praxis.
Nach Renteneintritt einen Anspruch auf eine Marzipantorte durchsetzen zu wollen, hatte es in meine Kategorie “Kuriose Urteile” geschafft (absolute Leseempfehlung!).
Doch fast noch brandaktuell und interessant ist die Frage, wie es denn nach einer Scheidung um den Anspruch auf einen gemeinsamen Hund steht. Und genau mit dieser Frage durfte sich das Oberlandesgericht Stuttgart befassen.
Zunächst einmal der auf das Wesentliche reduzierte Sachverhalt:
“Die seit 2018 geschiedene Ehefrau verlangt erneut die bereits vor der Ehe angeschaffte Labradorhündin L heraus, nachdem eine solche Forderung bereits nach der Trennung 2016 erfolglos blieb. Ebenso scheiterte eine erstinstanzlich vereinbarte Umgangsvereinbarung. Trotz vorläufiger Einigkeit der Eheleute in einer ersten mündlichen Verhandlung vor dem Familiengericht über einen regelmäßigen Umgang der Ehefrau mit L, wurde der Antrag der Ehefrau aus Herausgabe und Umgang mit L im Rahmen eines streitigen zweiten Verhandlungstermins zurückgewiesen. Dies erfolgte mit der Begründung, die Ehefrau habe ihr Eigentum oder zumindest ein gemeinsames Eigentum an L nicht nachgewiesen, vielmehr geht aus dem Abgabevertrag des Tierhilfevereins der Ehemann als Eigentümer hervor. Dass sich die Ehefrau aufopferungsvoll um L gekümmert haben soll, spiele keinerlei Rolle.”
OLG Stuttgart, Urteil vom 16.04.2019, 18 UF 57/19
Der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts stützte das Urteil des Amtsgerichts und sprach der geschiedenen Ehefrau keinen Anspruch auf den Hund bzw. einen Umgang mit dem Hund zu.
Zwar könnte man durchaus auf die Idee kommen, einen Anspruch auf Umgang mit dem Hund analog aus dem gesetzlichen Umgangsrecht für Kinder abzuleiten, konnte damit aber zumindest im April diesen Jahres den 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart noch nicht überzeugen.
Problematisch ist hier in erster Linie, dass die geschiedene Ehefrau nicht beweisen konnte, dass sie (Mit-)Eigentümerin des Hundes war. Dazu aber gleich mehr.
Takeaways für die nächste Klausur
Zunächst einmal das absolute Basiswissen: Tiere sind zwar keine Sachen, jedoch finden gemäß § 90 a BGB die Vorschriften für Sachen auch auf Tiere Anwendung. Klar, weiß jeder, vergisst es dann aber dennoch in der Klausur.
Aus dieser Erkenntnis lässt sich dann aber auch der Kern dieser Entscheidung ableiten, und zwar: Da auf Tiere die Vorschriften von Sachen anwendbar sind, gewinnt hier § 1568 b I BGB (lesen!) an Relevanz. Eine Norm, die – zugegeben – im Studium häufig nur ein Randthema darstellt. Daraus ergeht, dass grundsätzlich ein Anspruch auf so einen Hund schon bestehen würde, wenn es denn beispielsweise der Billigkeit entspräche. Jedoch gilt diese Regel ausschließlich für Gegenstände, die – Achtung, steht so in der Norm! – “im gemeinsamen Eigentum” der Eheleute stehen. Das gestaltet sich relativ einfach in Fällen von Anschaffungen, die während der Ehezeit getätigt wurden, siehe § 1568 b II BGB. In diesem Fall wurde die Hündin jedoch vor der Eheschließung erworben und aus den in diesem Zuge unterschriebenen Papieren, geht der geschiedene Ehemann als Alleineigentümer hervor. Und, wie oben bereits erwähnt, konnte die geschiedene Ehefrau nicht nachweisen, dass sie zumindest ein Miteigentum an der Hündin hat.
Mithin findet sich keine Anwendung für § 1568 b BGB. Auch für analoge Anwendungen anderer Normen wird sich wohl keine Möglichkeit finden, da es augenscheinlich an einer entsprechenden Gesetzeslücke fehlt.
So bleibt zum Schluss noch festzuhalten, dass es, nach Angaben des Oberlandesgerichts Stuttgart, dem Hund beim Mann wohl sehr gut geht. Er lebt weiterhin in dem ihm bekannten Haus und hat einen großen Garten. Na also.