Ein Anspruch auf Marzipantorten?

Urteile

Wir Menschen können uns hervorragend anpassen. Doch wir werden, wohl auch dank der modernen Technik, immer mehr zu “Gewohnheitstieren”. Sodass wir, wenn wir uns an etwas gewöhnt haben dieses nicht mehr so schnell missen wollen.

Ähnlich ging es 2016 wohl auch einem Rentner, der zu Weihnachten einfach nicht auf seine Marzipantorte verzichten wollte.

Die konkrete Frage: Kann man Weihnachtsgeschenke in Form einer Marzipantorte und einer Geldleistung in Höhe von 105€ im Rahmen einer Betriebsrente einklagen?

Werfen wir zunächst einen Blick auf den, wohlgemerkt auf das Wesentlichste reduzierten, Sachverhalt, über den das Arbeitsgericht in Köln entschieden hat:

Der Sachverhalt

“Der Kläger (K) ist seit 2009 Betriebsrentner der Beklagten (B). In der Vergangenheit haben einige der Betriebsrentner, darunter auch K, von B jährlich zu Weihnachten 105€ und eine Marzipantorte geschenkt bekommen. Mit dabei war auch immer ein kurzer Brief mit weihnachtlichen Grüßen. Im Jahre 2009 wurde in diesem Brief dann auch darauf verwiesen, dass man früheren Mitarbeitergenerationen dankbar ist und, da das Unternehmen nach wie vor erfolgreich ist, die gewöhnlichen 105€ und die Marzipantorte überreicht werden.
Am 09.11.2015 teilte jedoch die Beklagte den Rentnern mit, dass sie dieses Jahr aus wirtschaftlichen Gründen, weder die Marzipantorte, noch die 105€ leisten werde.
Der Kläger ist der Ansicht, dass aufgrund der bisherigen Leistungen an alle Rentner, ein Anspruch auf Gewährung der Leistungen aus betrieblicher Übung besteht (gemäß §1b BetrAVG).”


Arbeitsgericht Köln: Urteil vom 24.11.2016 – 11 Ca 3589/16

Die Entscheidung

Das Arbeitsgericht in Köln hat den Anspruch des Klägers abgewiesen. Wie sich im Verlauf des Verfahrens herausstellte, bekam nicht jeder Rentner diese Leistungen in den vorherigen Jahren. Zudem wurde, besonders mit dem beiliegenden Brief im Jahr 2009 deutlich, dass nur dann auf den Fortbestand der jährlichen Geschenke zu vertrauen ist, wenn sich das Unternehmen dies wirtschaftlich erlauben will. Der Kläger hatte somit kein schutzwürdiges Vertrauen auf die Leistungen. Eine betriebliche Übung sei aus diesen Gründen nicht entstanden und die jährlichen Weihnachtsgeschenke nicht einklagbar.

Für die Klausur

Für die Klausur ist die betriebliche Übung gemäß §1 BetrAVG wohl eher nicht von hoher Relevanz. Interessanter sind jedoch die für das Urteil notwendigen Ausflüge ins BGB. Grundsätzlich ist eine betriebliche Übung ein immer gleiches, sich wiederholendes Verhalten des Arbeitgebers, das als Anspruchsgrundlage dienen kann, wenn der Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen dürfte, dass ihm diese Leistung auch zukünftig gewährt wird.

Und jetzt der Knaller: Im Fall oben, könnte ein vertragliches Schuldverhältnis entstanden sein. Das Verhalten der B, nämlich das jährliche Zuschicken der Weihnachtsgeschenke, ist eine konkludente Willenserklärung. Diese hat der K hier gemäß §151 BGB angenommen.

Ob dieses Schuldverhältnis dann aber auch zukünftig bindend sein soll für die B, z.B. in Form einer betrieblichen Übung, hängt davon ab, ob bei dem Arbeitnehmer, unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§242 BGB, reinschauen!), ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand dieser Leistungen entstanden ist. Und genau dies wurde weiter oben ja bereits durch das Gericht abgelehnt.

Teile diesen Artikel doch am besten mit demjenigen, der auch für eine Marzipantorte vor Gericht ziehen würde!

Morgen geht es dann auch direkt weiter mit dem dritten Türchen des “Kuriose-Urteile-Adventskalenders”.

Das gestrige Türchen findest du hier.

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