Einen beliebten Klausurgegenstand im Polizeirecht stellen die Zwangsmaßnahmen der Polizei dar. Wie diese geprüft werden und was bei den einzelnen Punkten zu beachten ist, wird daher im Folgenden dargestellt.
I. Ermächtigungsgrundlage
Stets muss freilich eine taugliche Ermächtigungsgrundlage für die jeweilige Zwangsmaßnahme vorliegen.
1. Erforderlichkeit
Der Vorbehalt des Gesetzes ergibt sich aus dem Rechtsstaatsprinzip in Art. 20 III GG.
2. Taugliche Ermächtigungsgrundlage
a) Abgrenzung zu Art. 9 PAG (unmittelbare Ausführung)
Im Rahmen der Auswahl der konkreten Ermächtigungsgrundlage für die Zwangsmaßnahme muss eine Abgrenzung zu Art. 9 PAG erfolgen. Liegt eine unvertretbare Handlung vor, ist entweder eine Standardbefugnis oder die Art. 70 ff. PAG heranzuziehen. Ist dagegen eine vertretbare Handlung gegeben, ist danach zu differenzieren, ob ein Verwaltungsakt vorliegt oder nicht. Ist das der Fall, sind die Art. 70 ff. PAG einschlägig, ist kein Verwaltungsakt gegeben, so ist Art. 9 PAG anzuwenden. Ist unmittelbarer Zwang erforderlich, sind stets die Art. 70 ff. PAG einschlägig.
b) Qualifizierung der Art des Zwangsmittels (Art. 71 PAG)
II. Formelle Rechtmäßigkeit
1. Zuständigkeit
Es muss die zuständige Behörde gehandelt haben. Hierbei gilt der Grundsatz: Vollstreckungsbehörde = Erlassbehörde
2. Verfahren
a) Anhörung
Eine Anhörung ist nach Art. 28 II Nr. 5 BayVwVfG entbehrlich.
b) Androhung
Die Zwangsmaßnahme muss angedroht werden, Art. 71 II, 76 PAG oder Art. 81 PAG. Sie stellt einen selbständigen Verwaltungsakt dar.
aa) Schriftform, Art. 76 I PAG
bb) Zustellung, Art. 76 VI 1 PAG
cc) ggf. Fristsetzung, Art. 76 I 2 PAG
dd) Bestimmtheit des Zwangsmittels bzw. Reihenfolge der Zwangsmittel, Art. 76 III PAG
ee) Absehen von Androhung gem. Art. 76 I 3 PAG möglich
3. Form
Hier ergeben sich keine Besonderheiten.
III. Materielle Rechtmäßigkeit
1. Tatbestand
Innerhalb der Prüfung des Tatbestands der Zwangsmaßnahme ist zwischen den allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen zu unterscheiden. Innerhalb der allgemeinen Voraussetzungen ist wiederum danach zu differenzieren, ob das gestreckte Verfahren nach Art. 70 I PAG oder die sofortige Vollziehung gem. Art. 70 II PAG einschlägig ist.
a) Allgemeine Vollstreckungsvoraussetzungen
aa) Falls Art. 70 I PAG einschlägig:
(1) Materielle Vollstreckbarkeit
Diese liegt vor, wenn ein wirksamer Verwaltungsakt, der auf ein Handeln, Dulden oder Unterlassen gerichtet ist, der zu prüfenden Zwangsmaßnahme vorausgegangen ist.
(2) Formelle Vollstreckbarkeit
Liegt vor, wenn der Verwaltungsakt unanfechtbar oder sofort vollziehbar ist.
(3) Kein Vollstreckungshindernis
Ein Vollstreckungshindernis könnte zum Beispiel bei Zweckerreichung oder dem Entgegenstehen von Rechten Dritter vorliegen.
(4) Rechtmäßigkeitszusammenhang
Außerdem ist anzusprechen, ob ein Rechtmäßigkeitszusammenhang zwischen Verwaltungsakt und Zwangsmaßnahme zu verlangen ist, ob also der vorausgehende Verwaltungsakt seinerseits auf seine Rechtmäßigkeit hin zu prüfen ist. Die herrschende Meinung lehnt dies mit dem Verweis auf den Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr ab.
bb) Falls Art. 70 II PAG einschlägig:
(1) Notwendigkeit der sofortigen Vollziehung
Liegt vor, wenn Maßnahmen gegen Störer oder Nichtstörer (Art. 10 PAG) keinen Erfolg versprechen oder nicht rechtzeitig möglich sind.
(2) Polizei handelt im Rahmen ihrer Befugnisse
Hier ist die Rechtmäßigkeit der hypothetischen Grundverfügung zu prüfen. Das heißt, die Maßnahme, die gerade durchgesetzt werden soll, muss ihrerseits rechtmäßig sein.
b) Besondere Vollstreckungsvoraussetzungen
Diese richten sich je nach dem eingesetzten Zwangsmittel (Art. 70 ff. PAG).
2. Rechtsfolge
a) Entschließungs- und Auswahlermessen, Art. 5 PAG
b) Verhältnismäßigkeit, Art. 4 PAG