Ein Klausurenklassiker wie er im Buche steht: Die Drittschadensliquidation. Sie stellt ein unglaublich beliebtes Thema für juristische Fälle dar, da sie sowohl vertragliche Ansprüche, als auch die Grundzüge des Schadensrechts abdeckt und die Studentinnen und Studenten dazu anregt, über den Tellerrand hinauszudenken. Wenn man die Konstellation aber mal verstanden hat, erkennt man sie nicht nur schnell in Klausuren, sondern kann sie auch recht unproblematisch lösen. Also, worauf wartest du noch?
Der typische Fall der Drittschadensliquidation
A verkauft privat an B ein Klavier über eine Online-Verkaufsplattform. Am nächsten Tag übergibt A das Klavier an seinen Freund F, der sich bereiterklärt hat, B das Klavier zu liefern. Auf dem Weg zu B baut F fahrlässig einen Unfall, bei welchem das Klavier irreparabel untergeht. A verlangt dennoch von B Zahlung des Kaufpreises.
Zu Recht? Und kann A darüberhinaus noch Ersatz von F verlangen?
Wir haben also vor uns eine typische Dreierkonstellation. Zwischen A und B besteht unstreitig ein Kaufvertrag nach § 433 BGB. Zwischen A und F wiederum könnte ein Auftragsverhältnis nach § 662 BGB bestehen (als Freund macht er das hier der Einfachheit halber nämlich unentgeltlich). An dieser Stelle sei unterstellt, dass es sich nicht um ein reines Gefälligkeitsverhältnis handelt. Auch ein Frachtvertrag nach den §§ 407 ff. HGB zwischen A und F kommt nicht in Betracht, da F kein Gewerbe betreibt.
Zwischen B und F besteht kein Vertragsverhältnis.
Am Ende des Artikels gehe ich noch auf einige wichtige Merkmale des Sachverhalts ein. Davor widmen wir uns aber zunächst der Lösung des typischen Falls einer Drittschadensliquidation.
Die Ansprüche
Zunächst einmal könnte A von B dann den Kaufpreis verlangen, wenn zwischen ihnen ein wirksamer Kaufvertrag vorliegt und A seine Pflichten erfüllt hätte. Ein Kaufvertrag nach § 433 BGB liegt vor. Auch erfüllte A seine Pflicht aus dem Kaufvertrag, indem er das Klavier an seinen Freund F als Transporteur übergab (vgl. § 447 I BGB). Dass die Sache anschließend unterging, fällt in die Risikosphäre des Käufers. A hat demnach einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung gegen B nach § 433 II BGB.
Aber das wirkt jetzt natürlich dermaßen ungerecht, dass wir uns die Situation nochmal genauer ansehen sollten.
Könnte es sein, dass der Verkäufer A gegen den Freund F noch einen Anspruch aus § 280 ff. BGB haben kann?
Schließlich besteht zwischen A und F ein Schuldverhältnis im Sinne des § 241 I BGB. Durch die Fahrlässigkeit seitens des F verstieß er gegen Pflichten aus dem Schuldverhältnis. Auch ein Verschulden nach § 276 I BGB liegt offensichtlich vor. Aber, A hat letztlich keinen Schaden erlitten, da er ja nach wie vor von B den Kaufpreis für das Klavier verlangen kann.
Und wie sieht es mit einem Anspruch des Käufers B gegen F aus? In Betracht käme hier nur § 823 I BGB, in Form einer Eigentumsverletzung durch F. Jedoch wurde B vorliegend noch nicht Eigentümer des Klaviers, da er dies erst im Zeitpunkt der Übergabe nach § 929 Satz 1 BGB geworden wäre.
Die Lösung
Wie kann man also dafür sorgen, dass der Schaden nicht am Käufer hängen bleibt, sondern der Schädiger dafür einzustehen hat?
Wenn, wie hier, der Schaden und der Anspruch zufällig auseinanderfallen, greift die Drittschadensliquidation ein, die den Schaden zum Anspruch zieht. Dies hat zur Folge, dass A von F nun doch Schadensersatz verlangen kann, da er seinen fehlenden Schaden durch denjenigen des B ersetzt.
Aber auch das kann noch nicht das Endresultat sein, denn B würde so schließlich immernoch auf den Kosten sitzen bleiben. Demnach erhält B nun einen Anspruch gegen A gerichtet auf die Abtretung der Schadensersatzforderung. Woraus sich dieser Anspruch ergibt ist recht umstritten, so kommen hierfür § 285 BGB als auch § 242 BGB in Betracht.
Good to know
Werfen wir zuletzt noch ein Blick auf einige relevante Merkmale des Sachverhalts.
A verkauft privat an B: Hierdurch sollte deutlich werden, dass A kein Unternehmer im Sinne des § 14 I BGB ist. Denn wäre B darüberhinaus noch ein Verbraucher nach § 13 BGB würden die Sonderregelungen des Verbrauchsgüterkaufs eingreifen. Über § 475 II BGB wird die Regelung des § 447 I BGB derart eingeschränkt, dass der Käufer regelmäßig eben nicht die Gefahr des Untergangs der Sache beim Transporteur trägt. Eine Drittschadensliquidation wäre dadurch ausgeschlossen.
Hieraus ergibt sich auch, weshalb dem A das Verhalten des F nicht über § 278 BGB zugerechnet werden könnte: Der Transport ist nämlich keine Pflicht des Verkäufers! Mithin kann F nicht durch den Transport im Pflichtenkreis des A tätig werden.
Um im Verhältnis zwischen A und F ein reines Gefälligkeitsverhältnis auszuschließen, enthält der Sachverhalt häufig Angaben darüber, dass der Transporteur beispielsweise vom hohen Wert der Ware wusste.