Wie grenzt man die Bürgschaft von anderen Rechtsinstituten ab?

In der Bürgschaftsklausur wird mangels eindeutigen Abschlusses eines Bürgschaftsvertrags oftmals (sogar typischerweise) zu erörtern sein, ob es sich tatsächlich um einen solchen handelt. Im Zuge dessen muss die Rechtsnatur der Einigung durch Auslegung ermittelt werden.

Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über die in Betracht kommenden Rechtsinstitute, die in der Klausur im Rahmen der Abgrenzung Erwähnung finden sollten.

1. Die befreiende Schuldübernahme gem. §§ 414, 415 I BGB

Die Vereinbarung einer befreienden Schuldübernahme hat zur Folge, dass ein Dritter in die Stellung des bisherigen Schuldners eintritt, es kommt also zu einem Austausch des Schuldners.

In der Bürgschaftsklausur liegt die befreiende Schuldübernahme meist deshalb nicht vor, weil der Schuldner weiterhin Schuldner der Verpflichtung bleiben soll und der Dritte nur im Falle der Zahlungsunfähigkeit herangezogen werden soll. Es soll also gerade kein Austausch des Schuldners stattfinden.

2. Das abstrakte Schuldversprechen gem. § 780 BGB

Hier verpflichtet sich der Schuldner unabhängig von einem bereits bestehenden Anspruch zu einer Leistung. Das Versprechen begründet den Anspruch in diesem Fall selbstständig.

In der Bürgschaftsklausur wird das abstrakte Schuldversprechen deswegen abzulehnen sein, weil sich der Schuldner nur in Abhängigkeit zu einer schon bestehenden Verbindlichkeit verpflichten möchte. Maßgeblich für die Bürgschaft ist schließlich gerade die Akzessorietät gem. § 767 I 1 BGB.

3. Garantievertrag gem. § 311 I BGB

Ebenfalls in Betracht kommt grundsätzlich der gesetzlich nicht geregelte Garantievertrag. Dieser ist für den Garanten äußerst risikoreich, da er unter keinem Gesichtspunkt von dem Bestand einer Hauptforderung abhängig ist. Der Garant verpflichtet sich, für den Eintritt oder Nichteintritt eines bestimmten Ereignisses einzustehen. Außerdem bestehen keine Formvorschriften für den wirksamen Abschluss eines solchen Vertrags.

Aufgrund dieses Risikoreichtums hält die Rechtsprechung es für die Annahme eines Garantievertrags für erforderlich, dass ein eigenes wirtschaftliches Interesse des Garanten an der Erfüllung der Hauptverbindlichkeit oder an der Leistung des Garantienehmers besteht. Demgegenüber steht bei der Bürgschaft für den Bürgen das Interesse des Schuldners im Vordergrund.

Entscheidend ist, ob der Dritte für die Verwirklichung des Gläubigerinteresses unter allen Umständen einstehen will, unabhängig von dem (Fort-) Bestand einer fremden Schuld. Hieran wird es in der Bürgschaftsklausur, ebenfalls wegen der maßgeblichen Akzessorietät, fehlen.

4. Schuldbeitritt gem. § 311 I BGB

Wie der Garantievertrag ist auch der Schuldbeitritt nicht gesetzlich geregelt. Der Schuldbeitritt setzt zwar zur Entstehung den Bestand einer Schuld voraus, entwickelt sich dann jedoch selbstständig nach den Regeln der Gesamtschuld (§ 421 BGB). Formvorschriften existieren nicht.

Wie beim Garantievertrag geht die Rechtsprechung davon aus, dass im Zweifel eine Bürgschaft als die den Normalfall regelnde und der gewünschten Sicherung meist genügende gesetzliche Sicherungsform anzunehmen ist.

Klausurtaktik

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass von diesen Instituten in der Klausur regelmäßig die Bürgschaft am liebsten abgeprüft wird. Grund hierfür ist insbesondere die in § 767 I 1 BGB normierte Akzessorietät. Gleichwohl ist es häufig sinnvoll, die Bürgschaft knapp von den übrigen Rechtsinstituten abzugrenzen.

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