Die Botenschaft im Zivilrecht

„Und ist das Kindlein noch so klein, kann es dennoch Bote sein!“

Diesen Merkspruch hat wohl jeder Jurastudent schon einmal gehört. Doch was hat es mit diesem Spruch genau auf sich? Was ist an der Stellung des Boten so besonders, dass sogar ein Minderjähriger wirksam in dessen Rolle schlüpfen darf? Und wie genau funktioniert die Botenschaft eigentlich? In diesem Artikel dreht sich alles um die Herleitung und die klausurrelevanten Besonderheiten der Botenschaft im Zivilrecht.

Arten der Botenschaft

Grundsätzlich gilt es zwischen zwei Arten von Boten zu unterscheiden: Erklärungsboten und Empfangsboten. Erklärungsboten sind dabei Boten, die eine fremde Willenserklärung überbringen, während Empfangsboten eine fremde Willenserklärung für einen anderen entgegennehmen. In der Fremdheit der zu erklärenden Willenserklärung liegt auch bereits der entscheidende Unterschied zur Stellvertretung nach § 164 BGB. Bei Letzterer gibt der Stellvertreter nicht einfach eine fremde Erklärung weiter, sondern gibt eine eigene (im fremden Namen) ab.

Die Unterscheidung zwischen einem Erklärungs- und einem Empfangsboten wird insbesondere bei minderjährigen Boten relevant; Dazu mehr im nächsten Punkt.

Der minderjährige Bote

An und für sich kann jeder Bote sein. In der Klausur wird es sich jedoch regelmäßig um einen minderjährigen, bzw. sogar um einen geschäftsunfähigen Boten drehen. Nach § 104 Nr. 1 BGB ist geschäftsunfähig, wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat. Und gemäß § 105 I BGB sind Willenserklärungen eines Geschäftsunfähigen nichtig. Das hat zur Folge, dass ein Geschäftsunfähiger keine eigene Willenserklärung, beispielsweise im Rahmen einer Stellvertretung abgeben, wohl aber eine fremde Willenserklärung lediglich übermitteln kann.

Eine wichtige Unterscheidung ist noch in folgenden Fällen zu treffen:

A möchte dem B persönlich eine Willenserklärung an dessen Haustür übermitteln, trifft dort aber nur C an. Also bittet A den C, die Willenserklärung an B zu übermitteln. Fraglich ist nun, wann die Willenserklärung des A dem B zugegangen ist.

Nehmen wir an, dass C der 20-jährige Sohn des B ist. In diesem Fall wäre C Empfangsbote des B und der Zugang würde dann eintreten, wenn nach den gewöhnlichen Umständen damit zu rechnen ist, dass C die Willenserklärung an B weitergeleitet hat.

Anders wird der Fall behandelt, wenn C nicht 20 Jahre, sondern lediglich 5 Jahre alt ist. Hier ist C nicht Empfangsbote des B. Das hindert den A jedoch nicht daran – wir denken an den obigen Merkspruch – den C zu seinem eigenen Erklärungsboten bezüglich B zu ernennen. Dadurch, dass A den C zu seinem Erklärungsboten macht, trägt A letztlich das Risiko des „Untergangs“ der Willenserklärung, bis C dem B tatsächlich die Willenserklärung überbringt.

Gesetzliche Regelung der Botenschaft

Die Botenschaft selbst ist gesetzlich nicht explizit geregelt. Eine Andeutung lässt sich allenfalls in § 120 BGB erkennen, der von einer „zur Übermittlung verwendete(n) Person“ spricht. Da das Konstitut der Botenschaft jedoch absolut überwiegend anerkannt ist, werden zur rechtlichen Regelung die §§ 164 ff. BGB analog angewendet. Hieraus ergibt sich dann schließlich, dass etwaige bei der Stellvertretung bekannten Probleme, auch bei der Botenschaft aufkommen können, wie beispielsweise die Scheinbotenschaft wenn der Bote, beispielsweise aufgrund eines Widerruf gem. § 168 S. 2 BGB analog, keine Botenmacht mehr hatte.

Fazit zur Botenschaft

Die Botenschaft stellt in zivilrechtlichen Klausuren selten einen Prüfungsschwerpunkt dar. Interessant wird sie regelmäßig im Rahmen des Zugangs einer Willenserklärung, wobei insbesondere die Abgrenzung zwischen Erklärungs- und Empfangsbote relevant wird. Abgesehen davon sollte man von der analogen Anwendung der §§ 164 ff. BGB wissen, damit man in der Klausur die bereits erlernten Rechtsgedanken und das entsprechende Problemdenken der Stellvertretung abrufen kann.

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