Die Türsteher vor Clubs sind bei jeder ausgiebigen Partynacht einzukalkulieren. Meist stellen sie aber ein überwindbares Hindernis dar. Sei nicht komplett betrunken, mach am Eingang keinen Stress und hab selbstverständlich ein vernünftiges Schuhwerk an. Dann steht deinem Einlass eigentlich nichts mehr im Wege. Das dachten sich wohl auch ein 44-Jähriger und dessen Freunde. Womit sie nicht rechneten war jedoch, dass ihnen aufgrund ihres „zu hohen Alters“ der Einlass zur Party verwehrt wurde. Kann man wirklich zu alt zum Feiern sein?
Der Sachverhalt
Widmen wir uns zunächst dem auf das Wesentliche reduzierten Sachverhalt.
Der Kläger K – 44 Jahre alt (kommt auch nicht allzu häufig vor, dass man das hier erwähnen muss) – wollte mit zwei Freunden das „Isarrauschen“ besuchen. Am Einlass wurde ihm dann jedoch der Zutritt verwehrt, mit der Begründung, dass er zu alt sei.
K fordert nun von der Veranstalterin V eine Entschädigung in Höhe von 1000€, da er sich durch die Abweisung gekränkt fühlte und in selbiger einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sieht.
V trug vor, dass eine Auswahl nach dem optischen Erscheinungsbild der potentiellen Gäste stattfand, da die Teilnehmerzahl auf 1500 Personen begrenzt war (übrigens vor Corona, im Jahre 2018) und die bereits anwesenden Personen im Alter von 18 bis 28 Jahren lagen. Da die Party nicht nur dem Musikgenuss, sondern auch einer gelingenden Interaktion der Feiernden galt, sieht sich V in ihrem Auswahlkriterium gerechtfertigt.
AG München, Urteil vom 10.10.2019, Az.: 122 C 5020/18
Die Entscheidung
Das Amtsgericht München gab der Beklagten (Veranstalterin) Recht. Bei derartigen Events, so das Gericht, sei es nicht nur typisch, eine Unterscheidung der Besucher anhand des optischen Alters am Einlass zu vorzunehmen, sondern auch vernünftig. Ein Partyabend wird in erster Linie durch das gemeinsame Feiern ein Erfolg. Ein gemeinsames Feiern hingegen gelingt wohl am besten unter Gleichaltrigen. Dass der Veranstalter anhand äußerer Kriterien die limitierten Plätze verteilt, ist demnach notwendig, um einen erfolgreichen Abend herbeizuführen. Auch ist die Abweisung für K hinnehmbar, da der Veranstalter zahlreiche weitere Events durchführt, bei denen nicht ausschließlich eine jüngere Zielgruppe angesprochen wird.
Erwähnenswert ist, dass der Kläger in Revision vor den BGH geht. Das letzte Wort ist in diesem Fall also noch nicht gesprochen. Dennoch bietet das Urteil bereits eine gute Grundlage, um sich ein wenig mit dem AGG zu beschäftigen:
Wissenswertes für die nächste Klausur
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz wird während des Studiums besonders im Arbeitsrecht thematisiert. Aber es entfaltet auch Wirkung in den übrigen zivilrechtlichen Gebieten.
Gemäß § 7 I AGG finden die Regelungen Einzug ins Arbeitsrecht, während § 19 AGG das Gesetz auf weitere zivilrechtliche Verhältnisse ausdehnt. Aber auch wenn eine Ungleichbehandlung aufgrund der in § 1 AGG genannten Gründe stattfindet, ist stets noch zu prüfen, ob diese nicht ausnahmsweise gerechtfertigt sein könnte. Fürs Arbeitsrecht regeln diese Ausnahmen die §§ 8 ff. AGG. Ausnahmen für allgemeine zivilrechtliche Verhältnisse finden sich bereits teilweise in § 19 AGG selbst, und darüber hinaus in § 20 AGG.
Ein Anspruch für den Ungleichbehandelten ergibt sich aus § 21 AGG. Hier wird nicht nur der Weg für Unterlassungsansprüche geebnet, sondern auch für Schadensersatzansprüche. Sogar für solche Schäden, die keine Vermögensschäden darstellen, vgl. § 21 II 3 AGG. Für Ansprüche im Arbeitsrecht gelten wiederum die §§ 13 ff. AGG.