Die verschiedenen Nichtleistungskondiktionen

Von den Nichtleistungskondiktionen ist einem regelmäßig besonders eine geläufig: § 812 I 1 Alt. 2 BGB. Aber tatsächlich gibt es insgesamt fünf verschiedene Nichtleistungskondiktionen. im Folgenden möchte ich dir zeigen, wo diese jeweils geregelt sind, wie man sie voneinander abgrenzen kann und natürlich was es sonst noch alles zu beachten gibt.

§ 812 I 1 Alt. 2 BGB

§ 812 I 1 Alt. 2 BGB stellt den Auffangtatbestand der Nichtleistungskondiktionen dar. Mithin sind in einer Klausur auch stets die anderen Spezialfälle zuerst anzuprüfen, zumindest wenn sie denn überhaupt in Frage kommen könnten.

§ 816 I 1 BGB

§ 816 I 1 BGB hebt sich von § 812 I 1 Alt. 2 BGB durch eine wirksame Verfügung ab.

Beispiel: A verleiht B sein Fahrrad. B gerät in Geldnot weshalb er das Fahrrad des A an den gutgläubigen C verkauft und übereignet.

B war Nichtberechtigter im Sinne des § 816 I 1 BGB, da er weder verfügungsbefugter Eigentümer des Fahrrads, noch auf irgendeine andere Weise berechtigt zur Verfügung war. Da C jedoch gutgläubig war, und das Fahrrad aufgrund der Leihe dem A nicht abhanden kam, wurde C Eigentümer. Mithin wurde die Verfügung des B dem A gegenüber wirksam. Eine derartige Wirksamkeit tritt übrigens auch dann ein, wenn die Verfügung nicht direkt, sondern erst durch nachträgliche Genehmigung des A wirksam werden würde. Mithin hat unter Umständen der übergangene Eigentümer eine gewisse Wahlmöglichkeit.

Der Anspruchsgegner des § 816 I 1 BGB ist hierbei der nichtberechtigt Verfügende, der dem Anspruchsteller das durch die Verfügung erlangte herausgeben muss. Regelmäßig ist das der vom Dritten gezahlte Kaufpreis.

§ 816 I 2 BGB

Dieser Fall ist sehr ähnlich zum vorherigen, mit dem Unterschied, dass die Verfügung nun unentgeltlich erfolgt. B würde hier dann A also nicht das Fahrrad verkaufen, sondern verschenken.

Da ein Beschenkter trotz Gutgläubigkeit nicht so schutzbedürftig ist wie ein gutgläubiger Erwerber, richtet sich § 816 I 2 BGB nicht gegen den unberechtigt Verfügenden, sondern direkt gegen den beschenkten Dritten. Das „durch die Verfügung erlangte“ ist aus dieser Perspektive dann regelmäßig das Geschenk selbst. Beachte hierbei aber das sich aus dem Wortlaut ergebende Unmittelbarkeitskriterium. Nur was unmittelbar aus der Verfügung erlangt wurde ist herauszugeben.

§ 816 II BGB

Hier starten wir am besten direkt mit einem Beispiel:

B hat gegen C einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung in Höhe von 500€. Diese Forderung tritt B an A im Rahmen der Abtretung nach § 398 BGB ab. C, der von der Abtretung nichts erfahren hat, zahlt nun 500€ an den B.

B war aufgrund der Abtretung des Anspruchs nicht mehr berechtigt die Leistung des C anzunehmen und behalten zu dürfen. Dennoch leistete C gutgläubig an B. A gegenüber wurde diese Leistung wirksam gem. § 407 I BGB, da C nicht erneut an A leisten muss.

Nach § 816 II BGB kann A nun also von dem nichtberechtigten B Herausgabe des Geleisteten verlangen, namentlich die Zahlung der 500€.

§ 822 BGB

§ 822 BGB stellt die letzte Anspruchsgrundlage in Form einer Nichtleistungskondiktion dar. Zumindest nach einer Ansicht. Eine davon abweichende Meinung sieht § 822 BGB nicht als eigenständige Anspruchsgrundlage, sondern viel mehr als eine Rechtsfolge eines Kondiktionsanspruchs. Begründen lässt sich letztere Ansicht gut mit der systematischen Stellung des § 822 BGB. Die wohl herrschende Lehre sieht in § 822 BGB jedoch dennoch eine eigenständige Anspruchsgrundlage, weshalb sich – bereits aus klausurtaktischer Perspektive – die nachfolgenden Ausführungen auf die herrschende Lehre beziehen.

In § 822 BGB liegt, wie bei § 816 I 2 BGB aufgrund des Durchgriffs auf den Dritten eine Ausnahme zum Vorrang der Leistungsbeziehung vor. Auch wird in beiden Paragraphen deutlich, dass Beschenkte eine geringere Schutzwürdigkeit aufweisen. § 816 I 2 BGB bezieht sich jedoch bereits nach dem Wortlaut auf die Verfügung eines Nichtberechtigten. Bei § 822 BGB war der Verfügende jedoch zum Zeitpunkt der Verfügung berechtigt. Regelmäßig werden dann auch weder § 818 IV BGB, noch die §§ 819, 820 BGB einschlägig sein, weshalb der Bereicherungsgläubiger leer ausgehen würde:

Denn der Verfügende kann sich auf eine Entreicherung berufen, schließlich hat er das erlangte „Etwas“ verschenkt und gegen den Dritten hätte der Bereicherungsläubiger keinen Anspruch, da ja nichts unmittelbar aus seinem Vermögen von dem Dritten erlangt wurde.

Und genau diesen Sonderfall soll § 822 BGB nun lösen, indem der nicht schutzwürdige – weil beschenkte – Dritte, dennoch das erlangte „Etwas“ an den Gläubiger herausgeben muss.

Und damit solltest du nun einen guten Überblick über die verschiedenen Nichtleistungskondiktionen haben.

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