Der Advent. Die Zeit der Besinnung und der Harmonie. Die Zeit der “Kuriose-Urteile” Adventskalender aber, leider allzu häufig, auch die Zeit von ausartenden Nachbarschaftsstreitigkeiten. Genau ein solcher Nachbarschaftsstreit ist auch wieder Gegenstand der heutigen Urteilsbesprechung. Denn kommt Weihnachten, kommt (hoffentlich!) auch Schnee. Und so beginnt die Zeit des Schneeschippens. Wer sich jetzt überlegt, sich am verhassten Nachbarn zu rächen, in dem er den Schnee vom Gehsteig in dessen Grundstück wirft, sollte unbedingt das nachfolgende Urteil lesen.
Wie immer aber zuerst der, auf das Wesentliche reduzierte, Sachverhalt:
“Der Kläger (K) und der Beklagte (B) sind Nachbarn. Die beiden Grundstücke sind durch einen Maschendrahtzaun voneinander getrennt. Auf dem Grundstück des K ist auch eine Rasenfläche vorhanden. Mit anwaltlichem Schreiben am 11.01.2011, 25.01.2015 und 06.03.2017, mahnte K den B auf das “künftige Unterlassen des absichtlichen Ablagerns von Schnee auf seinem Grundstück” ab. Der Beklagte teilte daraufhin dem Kläger ebenfalls schriftlich mit, dass er die gerügte Handlung selbstverständlich vermeiden werde.
Der Kläger führte in der Verhandlung aus, dass er dennoch den Beklagten bereits häufiger beim Abwerfen des Schnees auf das Grundstück des Klägers beobachtet habe. Auch habe B ihm einmal in die Augen geschaut und hämisch eine Schaufel voll Schnee über den Zaun geschippt.
Jetzt möchte K eine Unterlassung ähnlicher, zukünftiger Taten erklagen und im Falle der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000€ gegen den Beklagten festsetzen. Die Unterlassung stützt sich auf die Meidung von Schäden an der Rasenfläche, die sich infolge verzögerter Begrünung im Frühjahr ergebe.
Amtsgericht München, Endurteil vom 28.07.2017 – 213 C 7060/17
Das Amtsgericht München wies die Klage ab. Zwar konnte man dem Angeklagten nachweisen, dass er zwei Schaufeln Schnee auf dem Grundstück des B ausgekippt hat, jedoch wurde wohl nicht die Schwelle der Beeinträchtigung des §1004 BGB erreicht. Die Beeinträchtigung erfordert nämlich, so das Gericht, “eine dem Inhalt des Eigentums widersprechenden Eingriff in die rechtliche oder tatsächliche Herrschaftsmacht des Eigentümers, ohne dass es einer Einwirkung auf die Substanz bedürfte”. Bei den zwei Schaufeln voll Schnee handle es sich aber nicht um einen Eingriff in die Herrschaftsmacht des Klägers, weshalb nicht von einer Beeinträchtigung gesprochen werden kann. Unterstützend wurde noch ausgeführt, dass es auch an einer Wiederholungsgefahr mangele. So liegt die letzte nachweisbare Tat des K im Jahr 2015.
Werfen wir abschließend nochmal einen Blick auf das Prüfungsschema des §1004 BGB, damit du bestens für die Klausur vorbereitet bist.
I. Eigentumsbeeinträchtigung (Die Definition hierfür findest du oben in der Urteilsausführung)
II. Störer (Person, auf dessen Willensbetätigung die Beeinträchtigung adäquat zurückzuführen ist)
III. Fortdauernde oder bevorstehende Störung
IV. Rechtswidrigkeit der Störung / Duldungspflicht (§1004 II BGB)
V. Rechtsfolge: Unterlassungsanspruch oder Beseitigungsanspruch
Das solls dann auch schon für das fünfte Türchen gewesen sein. Morgen geht es selbstverständlich weiter. Davor könnte sich für dich eine Wiederholung der Anstiftung lohnen! 🙂