Buchbesprechung: 15 ½ Regeln für die Zukunft

15½ Regeln für die Zukunft” von Matthias Horx, erschienen am 30.08.2019 (Verlag: Ullstein Buchverlage).

Wie sieht eine perfekte Zukunft aus? Was ist überhaupt Zukunft?

Glaubt man vielen Visionären und Technik-Gurus, wird in Zukunft alles schneller und autonomer. Maschinen übernehmen zunächst die lästigen Arbeiten. Später übernehmen sie alle Aufgaben. Der Mensch bleibt zurück als Randcharakter. Als nettes Andenken an primitive Zeiten.

Doch was ist dran an derartigen, fast schon dunklen Visionen? Und wenn wir wissen, dass es so kommen wird, müssen wir das dann einfach so hinnehmen?

Genau diesen und noch weiteren Fragen widmet sich Matthias Horx in seinem neuen Buch 15 ½ Regeln für die Zukunft. Gab es zufriedenstellende Antworten? Schauen wir mal rein!

Knappe Inhaltszusammenfassung

Durch das gesamte Buch zieht sich eine Durchweg positive Notion: So schlimm wie die es ausmalen wird es nicht. Also vermutlich nicht. Das ist nämlich das Spannende an der Zukunft: Sie lässt sich nicht so einfach vorhersagen. Damit wir deshalb aber nicht wahnsinnig werden vor der Angst der ungewissen Zukunft – schließlich hat man immer noch lieber den Teufel den man kennt, als den, den man nicht kennt – gibt uns der Autor einige hilfreiche Regeln mit. Eine Art Notfallplan für Future-Panik-Attacken. Der aber durchaus auch einen guten Leitfaden für das Leben bieten kann mit einigen längst überfälligen Perspektivenwechseln. Von diesen 15½ Regeln, hier mal meine 3½ Liebsten:

KI kann vieles, aber nicht Mensch sein

Es ist mittlerweile in aller Munde. Thema zahlreicher Konferenzen und Dauerbrenner in den Medien. Die künstliche Intelligenz wird immer mächtiger. Sie lernt schneller, arbeitet schneller und macht keine Fehler. Klar, da werden die Menschen bald überflüssig sein und wir als – wohl – intelligentestes Wesen abgelöst. Oder?

Matthias Horx gibt Entwarnung: Zwar sind die eben aufgezählten Statements über künstliche Intelligenz durchaus richtig, so wird es ihr – zumindest in absehbarer Zukunft – an einer entscheidenden Komponente fehlen: Der natürlichen Intelligenz, die, zumindest meistens, beim Menschen vorkommt.

Dass uns die KI wirklich eines Tages unterwerfen und versklaven wird ist ziemlich unwahrscheinlich. Ihr fehlt unsere natürliche Intelligenz. Sie kann weder Emotionen empfinden, noch Beziehungen entwickeln. Ihr fehlt Bewusstsein und Motivation, kurz um – vom Autor sehr schön auf den Punkt gebracht: Sie kann nichts wollen.

Kann künstliche Intelligenz den Menschen gefährlich werden? Grundsätzlich ja, aber wenn, dann wohl nur, wenn wir sie uns auch gefährlich werden lassen. Und in diesem Fall ist dann nicht zwingend die KI selbst das Gefährliche, sondern der Mensch dahinter.

Du bist nicht deine Ängste

Bleiben wir mal gleich bei Zukunftsängsten. Angst ist – evolutionsbedingt – eine der wichtigsten Emotionen die wir als Menschen haben. Fragt man einen Menschen, ganz egal welcher Epoche, ob er zur Zeit in einer Ära lebt, in welcher Angst die vorherrschende Emotion darstellt, wird man wohl stets ein „ja“ als Antwort erhalten. Unsere Ängste entwickeln sich schlichtweg mit der Zeit. Während unser menschlicher Vorfahre noch gegenwärtige Angst vor einem wilden Tier empfand, verlagern sich unsere heutigen Ängste immer mehr ins Futuristische. Angst vor der eben bereits besprochenen KI, Angst vor Überbevölkerungen, Angst vor Altersarmut, Angst vor dem Klimawandel, Angst vor Terroranschlägen und Angst vor vielen, vielen weiteren Dingen.

Matthias Horx erklärt, dass Angst immer dann präsent ist, wenn Erwartungen nicht eintreten. Wenn Erwartungen nicht eintreten, müssen wir uns anpassen. Wir müssen uns von unseren Wünschen lösen und uns der Realität annehmen. Der Autor: „Wir fürchten uns in etwas hinein, weil wir keine innere Neugier und Wandlungsbereitschaft aufbringen können.“

Angst zu haben ist etwas Natürliches und Wichtiges. Nur, so Matthias weiter, lassen wir uns unsere Ängste so ungern nehmen. Denn Ängste machen uns zu etwas Besonderem. Schön zu sehen an dem Beispiel von Verschwörungstheorien: Was bedeutet es für uns, wenn sich eine übermächtige Organisation gegen uns wendet – wie es in vielen Verschwörungstheorien häufig der Fall ist? Wir erlangen an Bedeutung. Wir müssen wichtig sein, wenn man hinter uns her ist!

Unsere Ängste werden zu einem Teil von uns. Nimmt man solch einer Person ihre Angst, nimmt man ihr gleichzeitig ein Stück ihrer Bedeutsamkeit.

Das einzig Sinnvolle, so der Autor, was wir mit dieser Angst machen können ist, sie zu transformieren: Von einem lähmenden Gefühl, hin zu einer produktiven, positiven Narration.

Die Zukunft kommt nicht schneller als man denkt

Egal von welcher Zukunftsvision man redet, Matthias Horx hört immer zwei Stichworte heraus: In dieser Zukunft, da muss alles anders und vor allem schneller sein. Doch stimmt das überhaupt? Und kommt diese Art der Zukunft auch wirklich schon so bald?

Der Autor zeigt anhand einer Vielzahl von Beispielen auf, dass sich nicht alles beschleunigt. So werden wir – aus eigener Erfahrung kann ich ihm da nur zustimmen – häufig durch technischen Vorsprung ausgebremst. Telefonhotlines werden zwar automatisiert, aber manche Probleme kann – derzeit – ein Mensch besser lösen. Aber wie lange kann es dauern, bis man dort jemanden erreicht? Auch Staus bremsen uns Tag für Tag aus, ja sorgen sogar wortwörtlich für Stillstand. In München, der Stadt des Fortschritts, erreicht man mit einem Auto morgens eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 9 km/h. Ist das die rasante Zukunft, in deren Geschwindigkeit wir uns zu verlieren fürchten?

Die Panikmache, aber auch der Hype um die, vor der Tür stehende und alles verändernde Zukunft ist nicht fundiert.

Der Autor zeigt, dass das Alte immer noch da ist und auch das Neue irgendwie immer schon da war. Und genau das kann man laut ihm auch feststellen: Geh doch mal durch deine Stadt. Schau dir die Häuser an. Du wirst sehen, dass der Fortschritt unglaublich schleppend voran geht.

Aber auch für Technikfreunde gibts anschauliche Beispiele der Entschleunigung: Virtual und Augmented Reality. Nach erscheinen der ersten VR-Spiele war sich die Welt sicher, dass es nur noch eine Frage von wenigen Jahren sein kann, bis wir alle in einer zweiten, nicht mehr realen, Welt abtauchen werden. Denk mal an dein Umfeld. Wie viele deiner Freunde und Freundinnen spielen pro Woche auch nur zwei Stunden im VR-Universum?
Unterm Strich kommt die Zukunft nicht schneller als man denkt. Genau genommen kommt da überhaupt nichts. Zukunft ist ein stetiger Wandel. Das Alte wird – teilweise – zum Neuen. Aber dieses Neue, war auch schon mal da. Ein Blick in griechische Philosophie zeigt uns das deutlich. Jede vorstellbare Weltanschauung, die heutzutage als revolutionäre Weltansicht bejubelt wird, wurde von Diogenes bis Sokrates schonmal diskutiert. Auch Namen, Mode und grundsätzlich Trends kommen irgendwie immer wieder zurück. Was sich verändert, ist das Licht, in dem wir darauf blicken. Und der Kontext, in dem sie auftauchen. So der Autor: “Alles kehrt zurück. Aber nichts bleibt so, wie es war.”

Zukunft ist eine Entscheidung

Hier nun also die halbe Zukunftsregel des Autors. Es gibt gar keine Zukunft, die sich irgendwie prognostizieren lassen kann. Die Zukunft ist keine Welle, die über uns hinüber schwappt und jeden mitreißt der nicht bereit ist. Zukunft ist eine bewusste Entscheidung. Sie wird sich nicht allzu sehr von der Gegenwart unterscheiden, wenn wir uns nicht selbst verändern. Und genau da liegt ihr Potential. Wir können entscheiden, wie unsere Zukunft aussehen soll. Möglichkeiten der Veränderung werden uns jeden Tag präsentiert. Die Frage ist, ob und welche wir davon wahrnehmen wollen. Immer mit dem Hintergedanken, dass auch Nichtstun eine Entscheidung ist.

Fazit: 15 ½ Regeln für die Zukunft

15½ Regeln für die Zukunft von Matthias Horx ist ein Buch, das zwei Dinge sehr gut kann. Zum einen ist es sehr unterhaltsam und pointiert geschrieben, sodass das Lesen an sich einfach unglaublich Spaß macht. Darüber hinaus, und das ist nach meiner Meinung noch viel wichtiger, offenbart das Buch neue Perspektiven. In einer Zeit der Zukunftshysterie ist es ein positiver, mutmachender Anker. Am Ende ist Zukunft jeder Einzelne von uns. Und so schlecht sind wir doch gar nicht.

Das Buch selbst beinhaltet über die 3½ hier – sehr verkürzt – dargestellten Regeln noch 12 weitere. Reinschauen, kaufen, lesen lohnt sich.

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